Ein paar Alben lang war Prince der Herrscher im Pop-Olymp. Doch ab 1987 wurde sein Output hektischer und kryptischer
Sein Debüt „For You“ trug 1978 den Schriftzug „Produced, Arranged, Composed and Performed by Prince„, und dieser Satz allein hätte schon alle wachrütteln müssen. Damals war Prince Rogers Nebon gerade mal zwanzig und hatte bei der Industrie bereits einen Stand, um den Stevie Wonder (der einzig andere nicht-weiße Musiker, dem man so etwas je zugestanden hatte) bei Motown zehn Jahre lang betteln und flehen mußte.
Multitalent: Mit der Fleischwerdung dieser Lichtgestalt aus Minneapolis klang das abgedroschene Attribut zum allerersten Mal wirklich passend. Zehn Jahre lang, bis zum 87er „Sign 0′ The Times“ (mit „Purple Rain“ von ’84 sein bestes Album), dirigierte Prince aus den Studios seines Paisley Parks heraus das Musikgeschehen, indem er Tradition (Sly, James Brown, Hendrix und die Stones) mit Innovation (Rap, Beats, HipHop) zu einem beeindruckenden Crossover-Kunstwerk vermendelte.
Der Underground war ihm dabei immer egal: Die einzige Erfolgschance, die man als Farbiger im weißen Minneapolis hatte, war das Schwimmen im Mainstream. Trotzdem genügte er auf Grund seines atemlosen Auslotens musikalischer Seitenströme zu jedem Zeitpunkt differenzierten ästhetischen Ansprüchen und denen eines verbindlichen Pops gleichermaßen. Prince war sicher kein Erneurer: Sein stilistisches Querfeldein-Rennen durch die Pop/Rock-Idiome aber rang selbst den Kritikern Bewunderung ab. Überdies paßte er mit seinen schwarzweißgemischten Bands (in denen Frauen mehr waren als stimulierende Bühnenbeigaben, manchmal jedenfalls) und einem zelebrierten Workaholic-Lebensstil wunderbar in die leistungsorientierten republikanischen 80er Jahre („Ronnie talks lo Russia“!). Prince: Ein ewig unzufriedener Jäger auf der unermüdlichen Suche nach der verlorenen Perfektion.
Wohl auch deswegen wurde auf das Mephistopheles-hörige Alter ego Michael Jacksons nie richtig zur Hexenjagd geblasen: Nach den Texten auf „Dirty Mind“ und später „Purple Rain „(dessen „I saw you masturbating with a magazine“-Zeile Tipper Gore die Elterninitiative PMRC gründen ließ, der die Menschheit die „Parental Advice“-Sticker verdankt) fast ein amerikanisches Wunder. Oral-Sex, Dreier-Ficks und „thirty-two positions in a one-night stand“: Doch einen Song später geißelte sich Prince regelmäßig als reuiger Sünder. Erst die Schwester vögeln und anschließend drei Ave Marias gen Himmel schicken: Diese lyrische Verschmelzung von Fleisch und Geist inszeniert er bis heute. Bloß die kompositorischen Ideen sind ihm irgendwann leider ausgegangen.
Denn nach „Sign O‘ The Times“ produzierte Prince mehr kryptische Symbolik als gute Songs. Was der „Beethoven des 20. Jahrhunderts“ („Time“) jedoch seitdem unkontrolliert (und ab einem gewissen Zeitpunkt nur, um die Fesseln des „Slave“-Vertrages mit Warner abzuschütteln) auf den Markt schmiß, klang wie eine schablonenhafte Repetition einstiger Genialität. „Graffiti Bridge“ (1990), „Symbol“ (1992), „Come“ (1994), „The Most Beautiful Girl in The World“(1994) wie auch „The Gold Experience“ (1995) waren nicht viel mehr als manisch-panische Versuche, die eigene Relevanz durch permanenten Output herbeizuproduzieren. Natürlich klang auch „Chaos And Disorder“ (1996) so wie es hieß – ein vorbestimmter cut-out für den Ramschtisch. Lediglich „Emancipation“ (1996) hatte endlich wieder einige lichte Momente.
Prince nennt sich heute TAF-KAP – was sich irgendwie nach einem vergessenen Typus aus der russischen Maschinengewehr-Produktion anhört. Vielleicht schießt er in Zukunft ja trotzdem ein bißchen langsamer. Und trifft dafür wieder öfter.