Die Bibel hat doch recht! Und 16 HORSEPOWER wissen ein Lied davon zu singen
„Sing a new song – let all the earth shout for joy“ steht auf dem kleinen Banner vorn an der Bühne: David Eugene Edwards, der mit seinem letztjährigen Plattendebüt die Stil-Palette um den „Gothic Country Rock“ erweiterte, ist mit seinen 16 Horsepower wieder auf Tournee. Daheim wartet derweil seine Frau samt zwei Kindern, aber sie weiß, daß ihr Mann „nicht auf Tour geht, um den Rockstar zu spielen“. Es gehe, so Edwards, letztlich doch um „Pflicht“, darum, daß es „wie bei der Armee“ sei – und daß er dieses Regiment liebe. Dann lacht er leise.
Der Chef der Band aus Denver hat zweifellos eine Mission – und es doch gar nicht nötig, missionarisch zu werden, da sein Werk für sich spricht. Ein Werk, das eins ist mit seinem Leben – oder anders gesagt: Es hilft, die unvermeidliche Lücke zu schließen zwischen bibelfürchtigem Soll und gottgegebener Realität. „Dazu hat er in meinem Falle, seit meinem fünften Lebensjahr, die Musik gewählt“, sagt Edwards. Und läßt keinen Zweifel, wer mit dem „Er“ wohl gemeint ist.
Es ist ein Werk, das bisher vor allem in der Alten Welt auf fruchtbaren Boden fiel. „Völlig überrascht“ sei er gewesen ob dieser Resonanz. Schließlich sei ihm bewußt, daß die meisten Leute hier „nicht so glauben wie ich“. Aber er singe eben über Dinge, „mit denen sich irgendwann jeder rumschlagen muß“. Drummer Jean-Ives Tola vermutet, daß es die alten Akustik-Instrumente sind, die man sonst kaum und in dieser Form zu hören bekomme, vor allem nicht „so laut“. Doch selbst aus Israel und Japan fand schon Fan-Post den Weg nach Colorado, Mißverständnisse inklusive. Was Edwards mit dem tiefgründigen Satz kommentiert: „Sie sind froh, daß ich darüber singe, auch wenn ich tatsächlich gar nicht darüber singe.“
Das Echo aus Übersee soll auch die bescheidene Resonanz in den USA beflügeln, wo das neue Album „Low Estate“ erst Anfang 1998 veröffentlicht wird. Die Vorweihnachtszeit sei halt eine schlechte für „smaller bands“. „Unser US-Label mag uns“, bringt Tola das Dilemma auf den Punkt, „aber sie wissen nicht, was sie mit uns anfangen sollen.“
Nun sind 16 Horsepower nicht die ersten Propheten, die weniger gelten daheim. Erstaunlich ist nur, daß ihr Sujet sie eigentlich prädestinieren müßte für ein wenig mehr Aufmerksamkeit. Oder klafft da vielleicht eine zu große Lücke zwischen seinem Verständnis von Gott und der Art und Weise, wie Religion in den USA oft verkauft wird?
Nein, eine Tirade gegen geifernde TV-Evangelisten ist ihm nicht zu entlocken, zumal man sich dabei zu sehr von Äußerlichkeiten leiten ließe, wie von einem „schiefsitzenden Toupet“ etwa. Entscheidend sei, daß „das Wort Gottes“ gesprochen werde; dann sei sogar sekundär, ob „dieser Mensch selbst dran glaubt oder nicht“. Ohnehin spiegele dieses „ganze religiöse Geschäft“ doch nur eine Gesellschaft wider, die menschlich und deshalb auch zwangsläufig „heuchlerisch und dumm“ sei.
Verletzt es ihn denn, wenn manche Leute ihn für verrückt erklären?
„Nein. Es kann mich nicht verletzen, weil ich keine Zweifel an meinem Glauben habe. Selbst wenn sie mich einsperren würden, könnte ich nicht wankelmütig werden. Denn es gibt keinen Kompromiß.“
Er hält für einen Moment inne, um dann leise anzufügen: Jedenfalls nicht in dieser Sache.“