Der Club der Teufelinnen/Mein Mann, Picasso
Tony Scott/James Ivory
Leser des Klatschblattes „Bunte“ wissen mehr. Die Münchner Illustrierte für Lebensstil, Leidensstorys und Liebesspiele, lange vom poetisch-aphoristischen Wirrkopf Franz Josef Wagner geführt, gelingt in einer Zeile die Apotheose und Alltäglichkeit der internationalen Prominenz. Druckt die „Bunte“ das Jahreseinkommen von Michael Schumacher im lakonischen Notizblockstil (ca. 40 Millionen), liest sich die Summe wie auf einem beliebigen Kontoauszug einer Sparkasse. Und von Prominenten geschiedene Gattinnen werden moralisch mit einem doppelseitigen Bericht gestärkt Mindestens. Die Höhe der Apanage steht, klar, ebenfalls drin.
„Der Club der Teufelinnen“ ist ein Film, den die „Bunte“ hätte erfinden können – und den sie unter dem Titel „Wie Frauen sich rächen“ natürlich thematisierte. Drei Freundinnen werden von ihren Ehemännern verlassen und beschließen, die Untreuen bluten zu lassen. In Amerika hat diese Komödie um Kränkungen und Kohle fast 100 Millionen Dollar eingespielt, denn Demontage und Denunziantentum aus verbitterten Gefühlen heraus sind die erhebendste Befriedigung, die wir als zivilisierte Zyniker heimlich in uns tragen und manchmal auch öffentlich auszutragen wagen. Die täglichen Talkshows haben die Täter und ihre Taten, die Opfer und ihre Ohnmacht längst trivialisiert Und „Der Club der Teufelinnen“ hätte bei Schäfer und Johannes B. amüsante Anekdoten zu erzählen über catch as cash am.
Brenda (Bette Midler), Elise (Goldie Hawn) und Annie (Diane Keaton) sind Luxuszicken, überkandidelt, eitel, neurotisch sowie mit neureichen Schnösel verheiratet, denen zum Erfolg nur ein adrettes Bettfohlen fehlt Morty (Dan Hedaya), dem die dralle Brenda beim Aufbau seiner Elektrowarenkette geholfen hat, nimmt sich die ordinäre Kassiererin Shelley (Saraj Jessica Parker) als Geliebte; Produzent Bill (Victor Garber) will einen neuen Film mit dem stupiden Starlet Phoebe (Elizabeth Berkley) drehen und die alternde, alkoholkranke Oscarpreisträgerin Elise in der Mutterrolle besetzen; und Aaron (Stephen Coüins), der eine Werbeagentur aufgebaut hat, während Annie sich um Haushalt und Tochter kümmerte, beginnt ein Verhältnis mit ihrer Therapeutin. Beim Begräbnis einer Freundin, die sich aus Gram über ihre gescheiterte Ehe aus einem Fenster gestürzt hat, gründen die Mittvierzigerinnen „The First Wives Club“, wie der treffendere Originaltitel heißt. Mit der Stube der Patriarchen reißen sie auch andere Domänen der Kerle ein, denn die Waffen der Frauen sind, im männlichen Sinne, stumpf geworden. Einem archaischen Ritual gleich trotzdem typisch weiblich – versenken sie ihre Eheringe in einem Glas mit Champagner, um dann mit Krediten, Firmenanteilen, Computern, einer Klatsch-Illustrierten und den Mafia-Kontakten eines Onkels jene Aufsteiger nach dem Ausstieg zu Absteigern zu ruinieren.
In „Die Teufelin“ (Guerillaterror) und „Der Rosenkrieg“ (Zweikampfmassaker) ging es um Ehre und Eifersucht, hier um Neid und Narßismus. Dies ist der Film zum Post-Feminismus, wie ihn auch Magazine illustrieren: trohnende Karrierefrauen in Businesskostümen und mit Zigarre. In einem Kurzauftritt gibt Ivana Trump, Galionsfigur der Scheidungsrächerinnen, den alten Slogan aus: „Don’t get even, get everything.“ In George Cukors „Die Frauen“ von 1939 spottete eine viermal verheiratete Diva noch: „Mein zweiter Mann war ein Arschloch, aber immerhin der einzige, der mir etwas hinterlassen hat“
Ähnlich spitz und spaßig frotzeln sie im „Club“, zumal die drei Damen geschult sind in Beziehungskomödien, und Diane Keaton spielt mit Namen und Charakter ihrer Rolle eine leichte Version ihrer Annie Hall aus Woody Aliens „Der Stadtneurotiker“. So ist der Film ein plakatives, prächtiges Pointen-Patchwork, in dem sich „Showgirl“ Elizabeth Berkley gegenüber Goldie Hawn selbstironisch mit dem Satz blamieren darf: „Ich möchte so werden wie sie.“
„Mein Mann, Picasso“ ist die Antipode dazu. Nicht nur, weil hier der genialische Chauvi und greise Charmeur lockt, sondern die Emanzipation eine Frau vor dem inneren Tod aus liebe erlöst „Surviving Picasso“ heißt James Ivorys Film im Original, und der Titel faßt den Charakter dieses Künstlers und den Kampf seiner Lebensgefährtin um Respekt zusammen. Die junge Francoise (Natascha McElhone) begegnet Picasso (Anthony Hopkins) 1943 in Paris. Er gibt für sie seine Geliebte (Julianne Moore) auf, sie ihre bürgerliche Sicherheit und ihre Seele. Er betrügt sie, sie verzeiht ihm. Er wütet, sie leidet. Nach zehn Jahren erst kann das Groupie diese Lebensgemeinschaft verlassen. Ivory ist ein Gentleman alter Schule, dessen Filme eine intensivere Innerlichkeit ausdrückten, je sorgfältiger er das Ambiente restaurierte. Diesmal aber ist alles Kulisse, Kunst nur Milieu, Magie nur Anekdote, Leben ein Zeitsprung. Als zwei Freundinnen in seinem Atelier streiten, strahlt Picasso spöttisch – und malt „Guernica“. Hopkins ist famos, wenn er die Arme verschränkt wie ein Torero, blinzelt, boxt, bettelt, schäkert, unstet werkelt und Galeristen überheblich wie ein Sonnenkönig empfängt. Gegenüber dem Seelendrama eines Lebemannes, der ab womanizer galt, alle und alles sammeln mußte, wirkt auch der Einverleibungskünstler Hopkins so mystisch und sinnlich wie Loriot. Übrig bleibt jenes Bild vom Mädchen als Muse, das den Künstler als Mann sieht und seinen Monologen lauscht.