Everly Brothers – Berlin, ICC

Auf der Bühne strahlen sie sich an, schäkern und scherzen, als ob diese jenseitig schönen, inniglich verwobenen und auratischen Harmonies, die den Rock ’n‘ Roll nicht weniger prägten als etwa Chuck Berrys Riffs oder Buddy Hollys Songs, noch immer von ganz tief drinnen kämen und natürlicher musikalischer Ausdruck von blindem Verständnis und brüderlicher Liebe wären.

Alles Theater: Suiten, Limousinen, Garderoben sind strikt getrennt, Interviews werden nur einzeln bestritten. Don und Phil Everly würdigen sich kaum eines Blickes, wenn sie sich außerhalb der Reichweite von Kameras aufhalten. Wo kein Kontakt ist, sagt Don wissend, gibt es keine Reibung. Darin haben die Wunderknaben aus Kentucky Übung, vergingen doch schon mal zehn volle Jahre, ohne daß die beiden auch nur ein Wort gewechselt hätten. Die scheinbar friedliche Koexistenz, der dramaturgisch vorbildlich inszenierte Waffenstillstand in publico (ein Lebensabend-Modell für die garstigen Gallaghers?) dient freilich nur dem Broterwerb. Zu einer neuen Platte konnten sie sich nicht durchringen, obwohl die letzte schon zwölf Jahre zurückliegt, aber solange die Konzertkassen süß klingeln, ringen sich die verbitterten Brüder jene bittersüßen Harmonies ab, die ihre Wirkung nie verfehlen.

Feierliche Ergriffenheit macht sich breit, selten nur getrübt vom Keyboard-Sirup, den Pete Wingfield zu allem Überfluß auf Honigmelodien träufelt wie „Crying In The Rain“ oder „Let It Be Me“. Doch wird das mehr als wettgemacht durch Albert Lees untadelig ökonomische Gitarre und die quecksilbrige Pedal-Steel-Brillanz des legendären Buddy Emmons. Die Everlys? Nun, Phil muß sich etwas strecken nach den ganz hohen Tönen, aber sonst: beautiful, just beautiful.

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