Willie Nelson – Amsterdam, Paradiso
Die Verballhornung mehrerer Hits nennt man Medley, und Willie Nelson, Manitou sei’s geklagt, ist Meister in dieser dubiosen Disziplin. Die Fans hassen Medleys, Willie weiß das. „Sicher“, sagt er achselzuckend, „aber alle anderen mögen sie.“ Womöglich hat er recht. Die Viel-Hit-für-wenig-Geld-Forderung ist den meisten Besuchern von Konzert-Großveranstaltungen ins Gesicht geschrieben.
Heute haben die Regeln für musikalische Massenabfütterung indes keine Geltung. Club-Gigs verlangen nach Intimität, die versammelten Hardcore-Fanatiker nach Inbrunst And Willie delivers. Lange hat man ihn nicht so wenig abgeklärt erlebt, so konzentriert Dabei war er eigentlich gekommen, um sein neues, durchaus hörenswertes, aber letztlich belangloses Album „Spirit“ zu promoten, und er tut das auch, en passant, indem er zwei, drei Stücke daraus zum besten gibt und, ganz Profi, mehrmals darauf verwebt. Wenn einer über Jahrzehnte im Schnitt drei Alben pro Jahr raushaut, erledigen sich solche lästigen Übungen im Schlaf.
Und Willie ist hellwach. Das wird schon nach den ersten Takten von, „Night Life“ deutlich, im intrikaten Zusammenspiel mit seinem zweiten Gitarristen Jody Payne und mit seiner stets schweigsamen Schwester Bobbie Nelson am Piano, deren Spiel intensiver noch als sonst an ihre Gospel-Roots rührt. Viele von Willies klassischen Songs, vor allem die frühen, machen in dieser spartanischen Trio-Besetzung mehr Sinn als mit großer Band, auch wenn Mickey Raphaels Harmonika hier und da schon vermißt wird. Es gibt Blumen für den Verehrungswürdigen, und es sind nur vereinzelte Feuerzeuge, die den sakralen Akt stören, ab der Prophet „Blue Eyes Crying In The Rain“ anstimmt Am Ausgang: happy faces. Willie was here.