Willy DeVille – Hamburg, Gaswerk
Man hatte sich gefreut. Es sollte ein Abend werden mit New Orleans-schwangerer Atmosphäre, also romantisch, sinnlich und voller lüsterner Lieder, so wie man das vom Meister der musikalischen Emotionen zu Recht erwarten kann. Doch dann kam alles ganz anders. Zunächst stand ein kilometerlanger Marsch vom nächstverfügbaren Parkplatz zur düsteren Halle an. Dort wartete man zwar geduldig, aber elendig lange auf das große Ereignis.
Verheißungsvoll leuchtete eine Madonnenfigur in der Ecke. Das Mikrofon des Barden wurde mit Rosen geschmückt. Dafür kostete ein Bier in dieser trosdosen Fabrikhalle stolze sieben Mark. Die Luft war erstickend und neblig, dafür war das Licht spärlich. Also rempelte man dauernd an oder wurde angerempelt Es war halt überausverkauft, dafür war die schmale Bühne so niedrig, daß Normalwüchsige sie nur erahnen konnten.
Applaus, Jubel – ein paar Riffe verrieten: Nun kommt der „König von New Orleans“ (Firmenwerbung). Doch wo war er? Und was war das? Spielte die Band etwa in einer anderen Halle? Wo kam dieser seltsame Soundbrei her? War das ein schlechter Scherz oder ein Soundcheck? Hatte der Voodoo-Zauber einer bösen Hexe die Klänge des heiser singenden „Loup Garou“ in einen undefinierbaren Klangwust verwandelt? Man ging hierhin, versuchte dort eine Blicklücke zu erkämpfen, mühte sich von einer Empore aus, den bezopften Gendeman länger als eine Sekunde zu erhaschen, vergebens. Selbst der Versuch, De Villesche-Songstrukturen wiederzuerkennen, schlug fehl. Halt, das könnte „Still“ sein! Moment, war das nicht „Hey Joe“? Und spielte er „Love And Emotion“?
Der coole König und seine sicher hervorragende Band samt Chordamen schlugen sich tapfer durchs R&B-Programm. Aber nicht wenige fuhren enttäuscht nach Hause, hörten schon mal „All Of You“ im Auto und legten daheim ein paar schöne CDs von Willy DeVille auf.