Am Beispiel der Punkrock-Band The Bates wird der Weg zum Hit deutlich: Wer gehört werden will, muß sichtbar sein.
Von Benjamin v. Stuckrad-Barre Femsehen bildet. Junge Musiker zu Popstars. Schon Amateurbands geben in ihren ersten Interviews schicksalsergeben zu Protokoll: „Klar, ein Video muß sein, ohne hast du doch heute überhaupt keine Chance mehr!“ Erstaunt sind sie dann, wenn sie „trotz Video“ nicht in den Charts landen. Dann muß etwas schiefgelaufen sein. Wie aber müssen Dinge und Bilder laufen, damit der Hit einer wird? Die aus Hessen stammende Punkrock-Formation The Bates hat jetzt eine Ahnung davon. Im Januar erschien ihr Album J’leasure & Pain“. Vorab wurde mit „Say It Isn‘ t So“ ein Song ausgekoppelt, dessen softe Akustikgitarren den Punk nur erahnen ließen. Das sollte wohl ein Hit werden, die dafür entscheidenden Größen, Radioredakteure und Käufer, nahmen dies balladeske Vergnügen jedoch nicht so recht an, so daß die Single den Charteinstieg immer wieder knapp verpaßte. Das Album indes hielt sich zehn Wochen lang in den Charts, zum ersten Mal landeten die Bates in den Top 50. Mehr als die Single war hierfür wohl die ausgedehnte Tournee im Frühjahr ausschlaggebend. Doch selbst Punkrock-Töurneen durch die relative Provinz gehen einmal zuende. Um die Albumverkäufe wieder zu beleben, griff man nun wieder zu gewohnt harten Klängen. Zur krachenden Coverversion von Michael Jacksons JBillie Jean“ wurde ein kostspieliger vierminütiger Schwarzweiß-Thriller im legendären Bates Hotel in den Universal Studios von LA. gedreht Um sich in der Veröffentlichungsflaute des Sommers, in der ein Charteinstieg natürlich viel leichter ist als etwa im vorweihnachtlichen Herbst, von normalen Produkten abzusetzen, wurden 20 000 Singles zusammen mit einem T-Shirt zum normalen Single-Verkaufspreis veräußert Bei den tropischen Temperaturen war bereits nach einer Woche die gesamte Auflage vergriffen. Die Single schnellte demzufolge in die Top 30, Das exzellente Video sorgte derweil dafür, daß die geglückte Coverversion auch weiterhin in den Köpfen der Jugend umherrumpelte. Die relativ hohe Chartsplazierung war umso erstaunlicher, da es bisher nahezu keine Radioeinsätze gegeben hatte und sich die Chartsplazierung ja aus Verkäufen einerseits und Radioeinsätzen andererseits zusammensetzt Und da eben bei nur mittelbekannten Bands gerne die „harten Gitarren“ als „nicht radiokompatibel“ abgeschmettert werden, liegt deren Chartchance allein in den Verkäufen. Als der Hit sich abzuzeichnen begann, ließen die Radiosender „harte Gitarren“ mal einen Moment harte Gitarren sein und begannen, das Lied auf ihre Playlists zu nehmen, und sogar das Album erweckte wieder des Käufers Interesse: War im Frühjahr noch Platz 48 die Höchstplazierung, so ging es nun bis auf Platz 35 rauf, mit stark steigender Tendenz. Sowohl für die Single als auch für das Album werden nun zumindest die Top 20 erwartet Die Regeln sind: Video ohne Hit ja, oft; Hit ohne Video aber – nein, nie! Der Weg in eine der begehrten Rotationen ist jedoch steinig: Neue Videos, denen es gelingt, die Geschmacks- und Qualitätskontrolle der VIVA-Redaktion zu passieren, kommen für vier Wichen auf die Nl-Rotation (ca. 14 Einsätze pro Woche). Wenn der Titel innerhalb dieser Zeit in die Charts vordringt, wird er der A-, B- oder C-Rotation zugeordnet, entsprechend 32, 23 bzw. 16 Einsätzen. Für zwei Wochen befand sich „Billie Jean“ sogar auf der JHeavy Rotation“, gleichbedeutend mit ca. 40 Einsätzen pro Woche. Das gibt es nur selten; derartig gefördert, wird kaum ein Song nicht zum Hit. Schon jetzt haben die Bates von „Billie Jean“ knapp dreimal so viele Singles verkauft wie von „Hello“, ihrem ersten kleinen Hit im letzten Jahr. Nun geht die Band noch einmal auf Tour, was erfahrungsgemäß ebenfalls die Plattenverkäufe antreibt Der Herbst scheint golden zu werden für die Bates, vielleicht in Zukunft auch die Schallplatten? Wie sangen A-ha noch tief in den Achtzigern: „The Sun Always Shines On TV“.