Die CD-Plus soll die Lücke zwischen CD und CD ROM schließen.
Peter Gabriels „X-Plora“ CD-ROM war einer der stärksten Auslöser für die Multimedia-Euphorie in der Musikindustrie. Es gab viel zu entdecken, klicken wir es an. Doch nach dieser intelligenten Selbstdokumentation konnten die folgenden Veröffentlichungen das von Gabriel erreichte Niveau nicht erreichen: Prince orientierte sich am Adventure, und David Bowie ließ ein lustloses Ambiente um sein Jump“-Video herumstricken. Endlose Gänge rauf, unzählige Treppen runter. Das Licht geht an, der Hund bellt Da sich die Musik nur unter großer Mühe finden ließ, erschöpften sich die Möglichkeiten dieser CD-ROMs nur allzu schnell. Selbst die Hersteller begannen sich zu fragen, welche Bedürfhisse eine reine Musik-CD-ROM eigentlich befriedigen soll.
Neue Wege ging die „Mixed Mode“-CD-ROM. Sie ließ sich als Audio CD in einem ganz normalen CD-Player abspielen, bewährte sich aber auch – mit Texten, Videos und Animationen – am Computer. Die Doppelfunktion überzeugte. Die Musik begleitend und bereichernd, ohne große Mätzchen und dies zu einem vernünftigen Preis (zwischen 30 und 40 Mark) so könnte durchaus die sinnvolle CD-ROM der Zukunft aussehen.
Daß der Durchbruch der Mixed Mode ausblieb, lag vor allem an dem warnenden Hinweis: „DONT PLAY TRACK ONE“. Ganz gleich ob die Companies den Datentrack an den Anfang oder das Ende der CD unterbrachten – der CD-Player fand ihn immer und konnte im ungünstigsten Falle Verstärker, Boxen und das Gehör ruinieren. Die Lawine an Schadensersatzprozessen mochte sich niemand ausmalen.
Dieses Handicap wurde nun von Microsoft, Philips und Sony endlich beseitigt Die drei Firmen verabschiedeten im Juni den neuesten Standard: CD PLUS. Die Lösung ist ebenso so einfach wie genial Bisher wurden die einzelnen Songs und der Datentrack gemeinsam auf einer Session, also einer Spur, untergebracht Bei der CD PLUS handelt es sich um eine Multisession CD, die gleich über zwei oder drei Spuren verfügt, wobei die heutigen CD-Player nur die erste mit der Musik erkennen. Die CD PLUS läuft ab Windows 3.1. Windows 95 soll offiziell das erste Betriebssystem sein, das diesen Standard unterstützt: Das umständliche Konfigurationsritual entfällt, stattdessen einund loslegen. Wie beim Mac.
Die CD PLUS-Scheiben werden definitiv unter 50 DM kosten. Nach dem Preiskrieg der Plattenläden dürfte sich der Preis bei etwa 39 DM einpendeln. Die Titel sollen in hohen Stückzahlen in die Regale der Plattenläden kommen, womit die bisher komplexe Vertriebsproblematik ein Ende finden könnte. Jedem Label das CD PLUS produzieren möchte, wird – noch kostenlos eine Lizenz erteilt. Neben Sony werden auch eine Reihe anderer Plattenfirmen das neue Format übernehmen, darunter BMG und EMI Electrola.
Inhaltlich wurde bei CD PLUS das Mixed Mode-Konzept weiterentwickelt: Jede Band erhält die Möglichkeit, sich adäquat vorzustellen. Neben Videoclips erscheinen Songtexte, wobei durch Anklicken der Lyrics der jeweilige Song direkt anwählbar ist Die Bandgeschichte läßt sich nachlesen, und fast jede Plattenfirma wird einen Backkatalog mit kurz anspielbaren Beispielen des Künstlers anbieten. Die unendlichen Möglichkeiten erinnern an die durch das kleine Format der CD längst ausgeträumte Langspielplatten-Ära, als es noch aufklappbare Cover gab und die Bands den Alben Fotos, Texte und Poster beilegten. Künstlerische Potentiale wie die der Firma Hipgnosis, die in den Siebzigern führende Cover-Künstler waren, sind heute wieder gefordert.
Diverse Nachwuchsbands haben sich bereits verpflichtet, ihre Werke ausschließlich im CD PLUS-Format abzuliefern. Im Herbst werden ganze Serien von CD PLUS-Titeln veröffentlicht, eine Nice Price-Reihe ist ebenfalls vorgesehen.