MTV Video Music Awards
Sind wir schon abgestumpft, oder waren die MTV „Video Music Awards“ diesmal wirklich reichlich lahmarschig? Natürlich war das Spektakel immer noch tausendmal besser als die „Grammys“ oder ähnliche Selbstbeweihräucherungen, aber nach dreieinhalb Stunden war die Luft einfach raus. Zugegeben, an großen Tieren war kein Mangel: MTV trommelte absolut alles zusammen, was Rang und Namen hat – von BRUCE SPRINGSTEEN bis zu den großen Abräumern R.E.M. (vier Preise), von MADONNA bis zu MICHAEL JACKSON, der den Abend mit einer nervös wirkenden Lisa Marie Presley eröffnete.
„Keiner von euch“, sagte er, „hat doch geglaubt, daß dies hier von Dauer sein würde.“ Und dann uuuaah! verpaßte er seiner Gattin einen endlosen Kuß, worauf im Publikum geradezu Panik ausbrach. MTV-Gastgeberin Roseanne, in den USA für ihr lockeres Mundwerk bekannt, würzte den Abend mit einem naßforschen Ton und legte sich prompt mit einem der VJs an. Die Livemusik war fast durchweg exzellent, speziell der Auftritt der Publikumslieblinge Green Day. Die Beastie Boys bestachen durch ihren 50er-Jahre-Geheimagenten-Look, und die dreifachen Gewinnerinnen Salt-N-Pepa waren in Bestform. Was man auch über die Rolling Stones sagen kann, die von ROLLING STONE-Verleger Jann S. Wenner den „Lifetime Achievement Award“ verliehen bekamen. („Ohne uns“, meinte Mick Jagger daraufhin trocken, „hätte man die Zeitschrift wohl ,Herman’s Hermits Monthly‘ nennen müssen.“) Unter die Haut ging die kurze Rede von Nirvana-Drummer Dave Grohl, der für die Band den zweiten Award entgegennahm und sagte: „Es wäre dumm zu behaupten, daß uns nicht irgendetwas fehlt. Kurt fehlt mir jeden Tag.“ Doch neben den absoluten Knallnummern (DAVID LETTERMAN begleitete MADONNA, die ihn unlängst in seiner TV-Show sehr alt aussehen ließ) gab es auch einige echt dumpfe: Public Enemys Chuck D und Flavor Flav forderten „Befreit Mike Tyson“, und die Smashing Pumpkins sowie Tom Petty lähmten mit ihren verschnarschten Nummern. Backstage hingegen knallten die Korken. Lebemann Tom Jones war in Topform und outete sich als Verehrer von En Vogue: „Ich liebe gut aussehende Ladies“, und Präsentator Denis Leary hatte mit dem Spruch „Ich glaube, ihr glaubt, ich sei jemand anderes. Aber ich bin nicht Bryan Adams“ die Lacher auf seiner Seite. Auch wir Europäer sollen nicht darben, und daher gehen am 24. November live vor dem Brandenburger Tor ab 20 Uhr „The First Annual MTV European Music Awards“ über Bühne und Bildschirm.