Moondog – „Moondog“ (Columbia 1969)
In unserer aktuellen Ausgabe - und in Auszügen auf dieser Website - finden Sie wieder eine Auswahl von Alben, die sträflich übergangen werden, wenn es um die Kanonisierung von Back-Katalogen geht.
Die dritte Auswahl von Alben, die sträflich übergangen werden, wenn es um die Kanonisierung von Back-Katalogen geht, finden Sie in unserer aktuellen Ausgabe. Platten, die für gewöhnlich nicht von den Radarfallen der Kritiker entdeckt wurden und es doch allemal wert sind, gewürdigt zu werden. Und zwar von Wolfgang Doebeling. Wir stellen in den nächsten Tagen in loser Folge einige dieser vergessenen Meisterwerke vor.
Moondog – „Moondog“ (Columbia 1969)
Klassiker der Avantgarde mag ein Oxymoron sein, trifft indes die Paradoxie dieses Phänomens. Oft gerühmt, auch in dieser Publikation, und in Kennerkreisen natürlich längst kanonisiert, hat es „Moondog“ noch immer nicht geschafft, eine breitere Öffentlichkeit zu faszinieren. Dabei macht es Louis Thomas Hardin aka Moondog dem Hörer hier leicht. Keine kratzigen Jazz-Miniaturen, keine ausgefallene Instrumentation, keine tonalen Bocksprünge oder sonstige ausgeklügelte Exotica, die das Frühwerk des blinden Straßenmusikanten in den 50er-Jahren geprägt hatten, sondern kompositorische Kompaktheit und melodische Prägnanz.
Komplexere Strukturen lösen sich schnell auf, das speziell für diese Aufnahme zusammengestellte Orchester aus mehr als 40 Musikern spielt zugleich präzise und schwungvoll, wiewohl aus den fremdelnden Welten des Jazz und der Klassik rekrutiert, Moondog selbst dirigiert und rezitiert einen komischen Zweizeiler. Hier treffen sich Symphonie und Swing, Ballett-Musik und Bebop. Letzteres freilich nur ideell, in „Bird’s Lament“, Moondogs Verbeugung vor seinem Freund Charlie Parker.