Mary McCaslin – „Prairie In The Sky“ (Philo 1975)

In unserer aktuellen Ausgabe - und in Auszügen auf dieser Website - finden Sie wieder eine Auswahl von Alben, die sträflich übergangen werden, wenn es um die Kanonisierung von Back-Katalogen geht.

Mary McCaslin
Mary McCaslin – „Prairie In The Sky“

Die dritte Auswahl von Alben, die sträflich übergangen werden, wenn es um die Kanonisierung von Back-Katalogen geht, finden Sie in unserer aktuellen Ausgabe. Platten, die für gewöhnlich nicht von den Radarfallen der Kritiker entdeckt wurden und es doch allemal wert sind, gewürdigt zu werden. Und zwar von Wolfgang Doebeling. Wir stellen in den nächsten Tagen in loser Folge einige dieser vergessenen Meisterwerke vor.

Mary McCaslin – „Prairie In The Sky“ (Philo 1975)

Zwei glückliche Umstände waren es, die aus Mary McCaslin, zuvor mädchenhafte Interpretin manierlicher Beatles– und Supremes-Hits, eine unverwechselbare Künstlerin machten. Zuerst traf sie bei einem Folk-Festival Jim Ringer, dessen Storyteller-Realismus sie ebenso beeindruckte wie seine Virilität. Gemeinsam gingen sie fortan durchs Leben, Songs schreibend und performierend. Zum Zweiten begab es sich, dass in Vermont ein Label gegründet wurde, dessen Credo nur für selbstverständlich hält, wer das Musikgeschäft nicht kennt: „Philo encourages the artist to assume full creative control of his or her album.“ So steht es nicht nur auf den Philo-LPs, dieser Selbstverpflichtung kam das Label nach.

McCaslin und Ringer nutzten den Freiraum für Song-Zyklen über den Freiheitsgedanken der Pioniere, über historische Begebenheiten und fiktive Figuren. „Way Out West“ hieß Marys Philo-Debüt, noch akustisch-folky, indes von derselben Sorte verwegener Songs bevölkert, die auch das nachfolgende, musikalisch ausgereiftere und per Pedal-Steel countryfizierte „Prairie In The Sky“ zu einem solchen Vergnügen machen. Patsy Montana und die Girls Of The Golden West mögen einst vorausgeritten sein, doch Mary McCaslin erhebt das Western-Storytelling zur Kunst. „Ballad Of Weaverville“, die wundervoll wärmend gesungene Geschichte eines Gamblers, der eine Goldgräberstadt ausnimmt und dabei auch die Erzählerin gewinnt, weil diese dem geliebten Falschspieler ein As zusteckt, ist dafür der schönste Beleg. „Ghostriders In The Sky“, die Mahnung aus dem Jenseits, wird dramatisiert, „My Love“, Marty Robbins’ Ode an die unberührte Natur, besticht durch wortkarge Schlichtheit, high and lonesome.

Philo
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