„Kein politisches Rückgrat“: „Times“-Korrespondent Roger Boyes stellt Wowereit schlechtes Zeugnis aus
Der britische Journalist und Berlin-Kenner Roger Boyes sieht den amtierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) als klaren Favoriten für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September – was aber nichts mit dessen politischen Leistungen zu tun habe.
„Solange die Touristen die Stadt als cool empfinden, sind die Berliner bereit, Wowereit als ‚King Cool‘ zu akzeptieren“, schreibt Boyes in einem Beitrag in unserer aktuellen Ausgabe. „Sie wollen keine grüne Hauptstadt, bisher jedenfalls nicht. Schließlich ist Berlin eine Stadt, in der die Hundehaufen zum lieb gewonnenen Stadtbild gehören – ein ständiges Mahnmal, dass Berliner ihre Tiere lieben (im Zweifelsfall mehr als ihre Kinder).“ Boyes, der von 1993 bis zum Frühjahr 2011 als Korrespondent der „Times“ aus Bonn und Berlin berichtete, rechnet der Wowereit-Herausfordererin Renate Künast (Die Grünen) daher wenig Chancen zu.
Die Versäumnisse Wowereits sieht Boyes besonders in der Industriepolitik: Zum Beispiel habe er versäumt, beim Flughafenneubau in Schönefeld die strategische Zusammenarbeit mit osteuropäischen Boom-Regionen zu suchen. „Ein unbestrittenes Talent hat der Bürgermeister, möglicherweise sein einziges“, schreibt Boyes: „Er schafft es immer wieder, seine Kontrahenten mittelmäßiger aussehen zu lassen als sich selbst.“ Daher sei Wowereit bei den Berliner Bürgern weiterhin beliebt. „Aber sie ignorieren die beängstigende Tatsache, dass er seit dem Satz ‚… und das ist auch gut so‘ eigentlich kein politisches Rückgrat mehr bewiesen hat.“
Den gesamten Beitrag lesen Sie in der Septemberausgabe des Rolling Stone, die seit Donnerstag am Kiosk erhältlich ist.