Leo Fender: Leben und Tod des Vaters der Solidbody-Gitarre

Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass die Musikwelt ohne Leo Fender heute anders aussähe.

Leo Fender veränderte die Gitarrenwelt für immer – und das, ohne selbst Gitarrist zu sein. Wir werfen einen Blick auf das Leben des großen Pioniers.

Fender Stratocaster, Fender Telecaster (Broadcaster, Esquire, Nocaster), Fender Jaguar, Fender Jazzmaster, Fender Precision Bass, Fender Jazz Bass: All diese Dinge zählen auch Jahrzehnte später noch zu den State-of-the-Art-Instrumenten. Die Geschichte der E-Gitarre (und des E-Bass) wäre ohne Leo Fender nicht dieselbe, vergleichbar ist sein Status am ehesten mit dem von Les Paul, der eigentlich vor Leo Fender mit dem ersten Solidbody-Instrument angekommen wäre, hätte man ihn ernst genommen – schlussendlich war dann doch Leo der Vorreiter. Von den grandiosen Fender-Amps mal ganz zu schweigen.

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Leo Fender: Die Anfänge

Leo Fender wurde 1909 in Anaheim, Kalifornien, als Clarence Leonidas Fender geboren. Seine Eltern, Clarence Monte Fender und Harriet Elvira Wood, arbeiteten in der Agrarwirtschaft. Leo interessierte sich schon früh für Technik. Zunächst waren es jedoch keine Musikinstrumente, sondern Radios, die er als Gymnasiast als Hobby zusammenbaute und reparierte.

Er machte seinen Abschluss in Buchführung und begann in einem Radiogeschäft zu arbeiten. Der Laden, gelegen im kalifornischen Fullerton, hatte auch Musikinstrumente und Schallplatten im Sortiment, außerdem boten sie einen Reparaturservice. Leos Interesse ging darüber weit hinaus, er interessierte sich auch für Verstärkung und PA-Systeme, die er baute und verlieh. 1945 gründete Leo Fender zusammen mit Clayton Orr „Doc“ Kauffman die K&F Manufacturing Corporation, die Hawaiigitarren und Verstärker in kleinen Stückzahlen herstellte. Außerdem hielten die beiden ein Patent für einen neuen Tonabnehmer sowie einen verbesserten Plattenwechsler. Nach dem Ausstieg von Kauffman 1946 gründete Fender die Fender Electrical Instrument Co., die bald Gitarrenverstärker wie Deluxe, Princeton und Professional produzierte; 1947 verkaufte er sein Radiogeschäft.

Verstärker und Instrumente. Strat, Tele, Precision Bass.

Dass Fender bald schon Instrumente baute, war seiner Neugier zu verdanken. Es missfiel ihm nämlich, dass er zwar Teile von Instrumenten reparieren konnte, aber selbst keine bauen konnte. Er grübelte über ein neues Gitarrenmodell, eine Solidbody-Gitarre sollte es sein mit anschraubbarem Hals. Gemeinsam mit seinem Partner George Fullerton präsentierte er 1950 das erste Modell, die Fender Broadcaster beziehungsweise die Esquire, die schon bald in Telecaster umbenannt wurde. Eine Revolution am Markt. Bisher waren elektrisch verstärkte Gitarren vor allem große Hollowbody-Jazzgitarren, die im Bandkontext nicht so gut funktionierten und stets Feedbackprobleme hatten.

Eine 54-Relic-Telecaster

Stratocaster, Telecaster und vieles mehr

„Der Gitarrist in der Band ohne Verstärkung war verloren, denn man konnte die Lautstärke einer Gitarre nicht so weit aufdrehen, bis man so viel Rückkopplung hatte, dass man sie nicht mehr spielen konnte. Mit der Solidbody-Gitarre konnte der Gitarrist plötzlich so laut wie ein Schlagzeuger spielen – er konnte den Schlagzeuger wegblasen. Es war einfach eine Frage der Notwendigkeit, auf dem Markt zu sein und all diese verschiedenen Dinge zu sehen, die wir taten, die zeitgemäß waren und die wir ausnutzten“, erinnerte sich sein ehemaliger Geschäftspartner Don Randall in einem Interview aus dem Jahr 1992. Fenders Gitarren waren simpel und effektiv – und prägten die Pop- und Rockmusik nachhaltig.

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Nur ein Jahr später folgte der nächste große Wurf, der Fender Precision Bass. Und dann vier Jahre später die vielleicht bekannteste Gitarrenform der Musikgeschichte, die Fender Stratocaster. Aufzuzählen, welche berühmten Gitarristen der Rockgeschichte Stratocasters spielten, wäre müßig.

Eyecandy: Eine 1960er-Stratocaster

Ein paar Beispiele nur: Eric Clapton, Jimi Hendrix, Rory Gallagher, Hank Marvin, Mark Knopfler, David Gilmour, Jeff Beck, Stevie Ray Vaughan, Ritchie Blackmore, Yngwie Malmsteen, John Mayer, Buddy Guy, Bonnie Raitt, Robin Trower, Pete Townshend, Eric Johnson, Richie Sambora, Chris Rea, Buddy Holly, Ed King, Robert Cray, Billy Corgan, Tom Morello, The Edge, und John Frusciante. Und Telecaster? Muddy Waters, Keith Richards, Bruce Springsteen, James Burton, Albert Collins, Danny Gatton, Roy Buchanan, Brad Paisley, Tom Morello, Joe Strummer, Prince, Andy Summers, Jeff Buckley, Jimmy Page (besonders in den frühen Led-Zeppelin-Tagen), Steve Cropper, Vince Gill, Ritchie Kotzen, Pete Townshend, Jonny Greenwood, Chrissie Hynde, Graham Coxon, Robbie Robertson und George Harrison.

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Leo Fender: „Ich habe nie beschlossen, einfach Gitarren zu bauen“

„Ich saß zu Hause und dachte darüber nach. Ich habe nie beschlossen, einfach nur Gitarren zu bauen; zuerst habe ich bis etwa 1940 Verstärker gebaut. Ich habe angefangen, bevor es hier draußen [in Orange County, Kalifornien] 1922 eine Radiostation gab. Sie hatten nur Catalina [eine Insel 26 Meilen vor der Küste Kaliforniens] für eine Übertragung. Bevor es auf Catalina ein Kabel über den Kanal [zum westlichen Rand der kalifornischen Küste] gab, wurde drahtlos gesendet, und die Leute sprachen hin und her und stimmten das ein“, erzählte Fender einmal im Interview mit Ultimate Guitar.

Es gibt allerdings auch andere Geschichtsschreibungen, so viel muss der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Geht es nach Randall, einem ehemaligen Vertriebspartner von Radio-Tel und späterem Head of Sales bei Fender, ist die Erfindung der Solidbody nicht Fender zuzuschreiben. „Leo war ein sehr introvertierter Mensch. Er hat sich natürlich das Verdienst angemaßt, die Solidbody-Gitarre erfunden zu haben, was eigentlich nicht stimmt. Paul Bigsby war derjenige, der die Solidbody-Gitarre mit dem Lautenkopf und so weiter auf den Markt brachte. Das war vor Fenders Gitarre, und davor, als Leo [bei K&F] herumspielte, war ein Kerl namens Doc Kauffman die treibende Kraft“, wird ein Interview auf der Instrumentenplattform reverb.com zitiert.

Der Verkauf von Fender und die Gründung von Music Man

Fenders Gitarren und Bässe wurden ein internationaler Erfolg, viele weitere Modelle wie Jazzmaster, Jaguar und der Precision Bass folgten. Weil er 1965 schwer erkrankte und damals noch keine Heilung in Sicht war, verkaufte er Fender 1965 für heute lächerliche 13 Millionen Dollar an die Medienfirma CBS. Leo blieb offiziell Berater, jedoch kam es immer wieder zu Diskrepanzen und Meinungsverschiedenheiten.

Als es Leo Fender gesundheitlich wieder besser ging, gründete er mit seinen Partnern Forrest White und Tom Walker Tri-Sonic, später in Music Tec und 1974 schließlich in Music Man umbenannt. Music Man ist vor allem für seine Bässe, besonders den StingRay, bekannt. Wieder gelang Leo ein Instrument, das auch heute noch omnipräsent ist.

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Leo Fender hatte seine eigenen Vorstellungen, das zeigte sich auch während seiner Zeit bei Music Man. Er zerstritt sich mit dem Management und verließ die Firma. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass Leo etwas Neues schuf. Er gründete, gemeinsam mit George Fullerton und Dale Hyatt, G&L Musical Instruments. G&L gelten heutzutage bei vielen Gitarristen als „bessere Fender“, auch Tonabnehmer und Tremolo-Systeme stellte die Firma her.

Leo Fender: Tod

Leo Fender starb am 21. März 1991 in Fullerton, Kalifornien, an den Folgen einer Parkinson-Erkrankung. Fender stieg sein Legendenstatus nie zu Kopf, wie seine Kollegen berichten. Er blieb bis zum Ende ein Workaholic, ein Suchender mit Erfindergeist. „Leo war ohne Frage ein fleißiger Mensch“, erinnerte sich George Fullerton gegenüber guitar.com. Fullerton weiter: „Und er war nicht überheblich. Er war nicht die Art von Mensch, die ein hohes Tier sein wollte, wenn man es so nennen will, und er war es auch nie. Bis zu dem Tag, an dem er verstarb, war er Leo. Er war in vielerlei Hinsicht ein schwieriger Mann, ein wirklich willensstarker Mensch. Die Ideen, die er hatte, konnte man nicht ändern. Wenn er eine Idee hatte, etwas auszuprobieren, konnte man ihn nur ändern, indem man ihm bewies, dass das, was er hatte, nicht funktionierte.“

Guitarist Magazine Future via Getty Images
Guitarist Magazine Future Publishing via Getty Imag
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