Zum 60. Geburtstag von Hape Kerkeling: Der Erstaunliche
ROLLING-STONE-Redakteur Arne Willander über die vielen Talente des Komikers, Autors und Filmemachers Hape Kerkeling.
Er hat, wie man so schön sagt, Fernsehgeschichte schon als 20-Jähriger geschrieben. In „Känguru“ trat Hape Kerkeling 1985 auf, da hatte er schon mehrere Talentwettbewerbe gewonnen, eine Platte mit dem Titel „Hawaii“ aufgenommen und für den Dicki in „Weihnachten bei den Hoppenstedts“ bei Loriot vorgesprochen, der sich dann aber für ein Mädchen entschied.
„Känguru“ und die plärrige Figur Hannilein waren ebenso frappierend anarchisch wie Kerkelings Gastauftritte in „Extratour“ bei Radio Bremen, wo er mit Margarethe Schreinemakers harmonierte. Seine Imitationen und Spracherfindungen fielen Otto Waalkes auf, den damals jeder nachmachte, der ins Fernsehen wollte. „Hape nicht“, sagte Waalkes später. Kerkeling verlängerte den großen Jungen aus Recklinghausen, der er war, und erfand später Figuren wie Horst Schlämmer.
Hape Kerkeling als Königin Beatrix
Im Jahr 1989 wurde darüber spekuliert, ob der Stern des Wunderkindes zu sinken begann – und dann kam „Total normal“, eine Show, die Kerkeling mit seinem Ko-Autor und damaligen Partner Angelo Colagrossi und dem Pianisten Achim Hagemann gestaltete, der in den Sendungen als musikalischer Sidekick auftrat. Zwei Auftritte sind im sogenannten kollektiven Gedächtnis geblieben: Der sich verselbständigende Auftritt als Königin Beatrix beim Staatsbesuch und die hochnotkomische Parodie auf Neue Musik, die man heute als „Hurz!“ kennt. Anders als Vicco von Bülow ist Hape Kerkeling ein Improvisationstalent, aber nicht ohne Hemmungen, wie sich Redakteure bei Radio Bremen erinnern.
1991 outete Rosa von Praunheim ihn und Alfred Biolek in der Sendung „Der heiße Stuhl“ als homosexuell. „Was soll’s“, sagte Kerkeling. „Morgen wird eine andere Sau durchs Dorf getrieben.“ Später sagte er: „Etwas Besseres hätte mir gar nicht passieren können.“
Kerkeling hatte jetzt die Freiheit, mit Colagrossi Filme zu schreiben und zu realisieren. „Kein Pardon“ (1993) mit dem Bembelkönig Heinz Schenk war der erste in einer Reihe von Schwänken wie „Willi und die Windzors“ (1996) und „Samba in Mettmann“ (2004), die Kerkeling ins Kino brachte, obwohl sie eher ins Fernsehen gehören. Kerkeling moderierte viele Sendungen, die mal mehr und mal weniger erfolgreich waren, darunter kurze Zeit auch „Let’s Dance“ mit Nazan Eckes.
Nach einem Hörsturz 2001 zog er sich für eine Weile zurück und pilgerte auf dem Jakobsweg. Im Jahr 2006 erschien sein Buch über diese Erfahrung, „Ich bin dann mal weg“, eine höchst vergnügliche, dabei aber nachdenkliche Chronik mit essayistischem Schwung. „Ich bin dann mal weg“ wurde ein gewaltiger Verkaufserfolg und sprichwörtlich; später wurde ein Film daraus. Ebenso wie aus „Der Junge muss an die frische Luft“, ein anrührendes Memoir über die Kindheit und die Mutter, die sich, schwer krank, 1973 umbrachte.
Kerkeling hat einen Adelsfimmel
Hape Kerkeling war oft weg, aber er kam immer wieder, sprach die Synchronstimme eines Pandabärs für einen Animationsfilm, trat im „Boandlkramer“ auf, schrieb Bücher über Katzen und den Adel (er hat einen Adelsfimmel) und entdeckte, dass er in der englischen Thronfolge an 110. Stelle steht. „Wahrscheinlich bin ich am ehesten ein Komiker, der schreibt“, sagt er über sich. Wenn er da mal nicht untertreibt.
Am Montag (09. Dezember) ist der erstaunliche Hans-Peter Kerkeling 60 Jahre alt geworden.