Farin Urlaub äußert großes Bedauern – und nimmt Flake in Schutz
Farin Urlaub gibt seinem Kumpel von Rammstein die nötige Rückendeckung. Er glaubt, dass Flake Gewalt gegen Frauen genauso verachtet wie er.
Farin Urlaub hat sich in seinem Online-Gästebuch mit einem langen Beitrag zu Wort gemeldet, um seinen Gastauftritt auf dem neuen Flake-Album.
Farin Urlaub gilt für viele seiner Fans als Leuchtturm der Vernunft. Seit über 40 Jahren ist er mit seiner Band Die Ärzte auf den Bühnen Deutschlands unterwegs. Nicht selten transportiert er in den Songs auch eine politische Message. In Songs wie „Schrei nach Liebe“, „Deine Schuld“ oder auch „Männer sind Schweine“ macht er auf gesellschaftliche Missstände im Land aufmerksam und bietet oft sogar Lösungen – in Punk-Manier natürlich mit einem Augenzwinkern.
Darüber hinaus zeigt der Sänger sein Engagement auch in der Unterstützung von Organisationen wie Greenpeace, Amnesty International und Attac. Er isst kein Fleisch, raucht nicht und trinkt keinen Alkohol. Und ausgerechnet der macht jetzt gemeinsame Sache mit einem Rammstein-Mitglied? Einer Band, gegen die Missbrauchsvorwürfe laut wurden (unabhängig davon, dass die Staatsanwaltschaft nicht gegen Till Lindemann ermittelt)?
„Ein Schlag ins Gesicht“
Auf der offiziellen Webseite des 61-Jährigen bahnte sich im Gästebuch eine Welle der Empörung an. Die Fans beschwerten sich, weil ihre Ikone mit Flake an Musik für dessen Soloalbum gearbeitet hat. Am 8. November hatte der sein neues Projekt angekündigt. Flakes erstes Werk ohne Rammstein – eine Coverplatte mit Fest-Klassikern. Sie erschien am 22. November 2024. Musikalische Gäst:innen auf der Platte des 58-Jährigen sind neben dem Die-Ärzte-Frontmann außerdem Joey Kelly, Käptn Peng, Doro Pesch und Micha Rhein.
Im Gästebuch von Farin Urlaub liest sich die Enttäuschung darüber so: „Links zu sein (…) bedeutet Achtsamkeit, eine gute Fehlerkultur und ein Grundvertrauen auf den eigenen moralischen Kompass“, schreibt ein Fan. Und weiter: „Die jüngste Zusammenarbeit von Farin Urlaub mit ‚Flake‘ der Band Rammstein ist ein Schlag ins Gesicht für all jene Menschen, die eure Musik auch wegen eurer bisherigen Fähigkeit mögen, die Zeichen der Zeit zu erkennen und in Musikform zu bannen sowie euch im Diskurs gegen Gewalt und für ein faires Miteinander zu positionieren.“ Aua – das tut weh.
Nun hat sich Farin Urlaub selbst in seinem Gästebuch zu Wort gemeldet. Er schreibt, er habe ein Signal gesendet, dass man „völlig falsch auffassen kann.“ Er schreibt: „Da geh ich so ziemlich selbstgerecht durchs Leben und halte meine Entscheidungen größtenteils für wohlüberlegt – und dann spiele ich auf einem Weihnachtsalbum mit, weil ich Flake als Freund sehr schätze, und vergesse dabei, daß ich damit in der heutigen Symboldebatte ein Signal sende, das man völlig falsch auffassen kann.“
„ …könnte ich nicht mit Flake befreundet sein.“
Dann will er seine Fans beruhigen: „Nein, ich habe mich nicht 40 Jahre lang verstellt, oder spontan meinen moralischen Kompass weggeworfen. Aber ich sehe, daß manche Menschen von mir enttäuscht sind, und das tut mir leid.“
Indirekt geht Farin Urlaub auf die Vorwürfe gegen Rammstein ein, Frauen nicht gut zu behandeln. „Ich verachte jede Form von Gewalt gegen Frauen zutiefst. Jegliche Intimität setzt allseitiges Einverständnis der Beteiligten voraus. Das ist in meiner Gedankenwelt so selbstverständlich, daß ich nicht dachte, es jemals ausdrücklich sagen bzw. schreiben zu müssen.“ Und nimmt konkret Flake in Schutz: „Und wäre ich nicht überzeugt davon, daß er das genauso sieht, könnte ich nicht mit Flake befreundet sein.“
Schließlich der Blick auf die große Politik: „Wir brauchen unbedingt offene Diskussionen, wir müssen die Verhaltensmuster brechen, die Femizid, Vergewaltigung, Demütigung von Schwächeren und Machtmissbrauch ermöglichen oder zumindest nicht verhindern. Es fühlt sich nicht gut an, unbeabsichtigt auf der falschen Seite dieser Debatte gelandet zu sein.“
Farin Urlaub freut sich über die entstandene Diskussion: „Aber es ist gut und richtig, daß hier im Gästebuch eben diese Diskussion stattfindet, und daß ich daraus etwas gelernt habe: Wichtig ist nicht, was ich persönlich über jemanden denke, sondern dass ich mich im Zweifelsfall auf die Seite der mutmaßlichen Opfer stelle. Darauf hätte ich wirklich selber kommen müssen.“
Der Fall Flake
Der Ruf Flakes hatte zuletzt gelitten. Lorenz, der sich gern als uriger Berliner Kumpeltyp im Hintergrund seines lauten Bosses Till Rammstein inszeniert, bekam im vergangenen Jahr auch einige Treffer im Zuge der Missbrauchsvorwürfe gegen den Sänger ab (die Berliner Staatsanwaltschaft hat ihre Untersuchungen gegen Lindemann eingestellt). Christian Lorenz verlor seine Radiosendung und wurde aus „Inas Nacht“ herausgeschnitten. In manchen der Geschichten anklagender weiblicher (Ex-)Fans kam auch er vor. Er selbst äußerte sich nicht zu den Vorwürfen gegen Rammstein.