Udo-Lindenberg-Musical: Endloser Streit, Knalliges Ende

Geldspeicher geknackt. Schriftsteller Thomas Brussig erkämpft fünf Millionen Euro plus Zinsen

Der langjährige Gerichtsstreit um die Ost/West-Liebesgeschichte „Hinterm Horizont“, dessen Musical auf einem Song von Udo Lindenberg basiert, hat (vorerst) einen spektakulären Abschluss gefunden. Das Singspiel mit getanzter Ostalgie in FDJ-Hemden war ein großer Erfolg.

Es wurde von 2011 bis 2017 in Berlin und Hamburg aufgeführt. Ein deutscher Musical-Stoff, der mit den sonst üblichen Andrew-Lloyd-Webber-Formaten für einige Jahre mithalten konnte.

Nachvergütung von fünf Millionen

Der Berliner Schriftsteller Thomas Brussig (59) hat nun nach zehn Jahren Kampf vor dem Hamburger Landgericht ein bemerkenswertes Urteil erstritten. Er soll eine Nachvergütung von fünf Millionen bekommen. Oben drauf noch die Zinsen, die nach zehn Jahren Prozessdauer etwa zwei Millionen Euro betragen.

Thomas Brussig

Autor Brussig, der auch „Am kürzeren Ende der Sonnenallee“ geschrieben hat, sagt im Interview mit der „Zeit“: „Die Zahl ist auch für mich noch surreal. Aber eine Etappe ist erreicht, und nach über zehn Jahren Rechtsstreit ist meine Erleichterung riesengroß. Das Gericht ist in allen wichtigen Fragen der Argumentation meines Anwalts gefolgt.“

Da sein Kontrahent, die Veranstaltungsgruppe Stage Entertainment, Berufung gegen diesen Richterspruch eingelegt hat, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

Der Hintergrund für diesen Langzeit-Beef ist der sog „Fairness-Ausgleich“, sprich eine Nachvergütung nach dem Urheberrechtsgesetz. Der dort angesiedelte Paragraph 32a tritt auch für Songwriter in Kraft, die einen Superhit geschrieben haben und dafür nur ein karges Anfangs-Salär erhielten. Man spricht von einem auffälligen Missverhältnis zur Ur-Vergütung. Brussig hatte nach dem Stage-Vertrag ein Honorar von 100.000 Euro bekommen.

Einnahmen aus Ticketverkäufen und Merch zählen auch

Vor Gericht hatte Stage Entertainment angegeben, mit dem Stück keinen wesentlichen Gewinn gemacht zu haben. Diese Argumentation hielt vor Gericht nicht stand. Besagte „Nachvergütung“ beziehe sich auf die Einnahmen aus Ticketverkäufen und Merch, so das Hamburger Gericht. Und eben nicht auf den Gewinn.

„Das war insofern Balsam für meine Seele, weil die gegnerischen Schriftsätze mich oft runtergezogen haben, indem ich als ‚verlängerte Werkbank‘ oder ‚Auftragsschreiber‘ bezeichnet wurde, der angeblich „keinen eigenen Gestaltungsspielraum“ hatte“, sagt Brussig in der „Zeit“.

Schon einmal gab es einen Prozess gegen die Macher von „Hinterm Horizont“. Theaterautor Martin Verges hatte geklagt, weil sein eigenes Stück „Mädchen aus Ost-Berlin“ von 2005 angeblich abgekupfert worden sei. Die Klage wurde vom Berliner Landgericht seinerzeit abgewiesen. Zugestanden wurde lediglich eine gewisse geistige Vaterschaft an dem Werk, die sich jedoch nicht in klingende Münze verwandeln ließ.

TOBIAS SCHWARZ AFP via Getty Images
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