Father John Misty

„Mahashmashana“ – Wagner in Hollywood

Bella Union (VÖ: 22.11.)

Josh Tillman entwirft dystopische Abgesänge von opulenter Schönheit.

Nach den Tanzteeorchesterstücken, Dämmerballaden und dem Bossa-novaSchmelz von „Chloë And The Next 20th Century“ (2022) fährt Josh Tillman wieder alles auf, was er mit „I Love You, Honeybear“ (2015) und „Pure Comedy“ (2017) etabliert hat. Die Streicher-Opulenz des Titelsongs von „Mahashmashana“ treibt die Dynamik bis zum technischen Limit. Dennis Wilsons „Pacific Ocean Blue“, Leonard Cohens „Death Of A Ladies’ Man“ und der John Lennon von „Nobody Loves You (When You’re Down And Out)“ winken hinter jeder Ecke. Wall of Sound. Nur nicht im spectorianisch-konzisen Popformat, sondern als Breitwandspektakel. Eher „Babylon – Rausch der Ekstase“ als „Under The Silver Lake“. Ein gravitätischmajestätischer Ritt auf der Rasierklinge, der jederzeit von meisterlicher Schwelgerei in hohlen Bombast umzuschlagen droht. Doch Tillman hält die Zügel fest in der Hand. In solchen Momenten ist er ein Wagner der Songschreiber-Gilde.

Das Mysterium schwingt sich empor zum Abgesang – darunter macht es dieser Mann nicht

Den Begriff „Mahashmashana“ hat der Künstler anscheinend bei seinen Exerzitien in indischer Tradition und buddhistischer Philosophie aufgeschnappt. Er steht wahlweise für eine große Bestattungszeremonie, Vergänglichkeit oder spirituelle Transformation. So weit, so verblasen. Tillman erkennt darin nicht mehr und nicht weniger als eine Metapher für den Untergang des Westens, die er über sein wildes Poem stülpt. „The courtiers have arrived in nail polish, in tailored slacks/ Reformed past, all recognition/ Resplendent in donor class panache/ It’s a scheme to enrich assholes“, croont er süffisant. Das Mysterium schwingt sich empor zum Abgesang. Darunter macht es dieser Mann nicht.

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Er zaubert aber auch Weisheiten aus dem Hut, die Mut machen: „Love’s the birthright of young people.“ Damit es nicht zu gemütlich wird, riskiert Tillman ein paar musikalische Ausreißer. „She Cleans Up“ klingt wie eine überproduzierte Version des AvantRock von Pere Ubu. „Josh Tillman And The Accidental Dose“ erinnert an die abgeklärte Meta-Americana von Beck. Das hymnische „Screamland“ ersäuft leider in Sound-Matsch à la Martin Garrix. Zum Glück kehrt Father John Misty mit Stücken wie dem ingeniös groovenden „I Guess Time Makes Fools Of Us All“ immer wieder zu seinen Leisten zurück.