Warum Trump gewonnen hat – und Taylor Swift nichts retten konnte
World gone wrong: Wie Trump Kamala Harris an der Supermarktkasse besiegt hat. Ein paar erste Gedanken zur Präsidentschaftswahl in den USA.
Wer an der Supermarktkasse in Harrisburg für ein Kilo Hackfleisch das Doppelte des Preises bezahlt, das er noch vor vier Jahren zahlen musste, der schert sich vielleicht nicht sonderlich um Lady Gaga. Sie hatte noch kurz vor der Wahl an die Bürger von Pennsylvania appelliert, für Kamala Harris zu stimmen.
Um 8.30 unserer Zeit stand jedoch fest, dass Donald Tump auch den wichtigsten der Swing States gewonnen hat, mit deutlichem Abstand zur demokratischen Vizepräsidentin. Damit war die Wahl gelaufen.
„It’s the economy, stupid!“ Mit dieser Einsicht gewann Bill Clinton 1992 gegen George Bush. Und nach allem, was wir wissen, was die Analysten uns berichten, ist es vor allem die Sorge einer Mehrheit der Amerikaner vor dem wirtschaftlichen Abstieg, die Trump eine zweite Amtszeit sicherte.
Müßig darüber zu lamentieren, dass wir in Deutschland glücklich wären, ein vergleichbares Wirtschaftswachstum wie die USA zu haben. Müßig darüber zu lamentieren, dass Joe Biden und seine Vizepräsidentin die Inflation nicht angeordnet haben (es gibt auch Amerikaner, die glauben, dass die demokratische Regierung das Wetter manipuliert, um republikanischen Regionen den Garaus zu machen oder dass Migranten die Hunde ihrer Nachbarn essen). Müßig darüber zu lamentieren, dass ein Präsident Trump weder niedrigere Preise diktieren noch die Inflation durch Zölle eindämmen kann. Die Lebenshaltungskosten haben sich in den USA in manchen Bereichen verdoppelt – und sehr viele Amerikaner mit Blick zurück auf Trumps erste Präsidentschaft gesagt: Vor vier Jahren ging es mir besser.
Die beiden Wahlkampf-Fotos, die stellvertretend für die vielbeschworene Spaltung der amerikanischen Gesellschaft stehen, zeigen Trump mit Schürze vor der Pommes-Fritteuse bei McDonalds und eine elegant gekleidete Kamala Harris auf dem Cover der „Vogue“. Natürlich ist das unfair. Und dennoch bedienen beide Bilder die Klischees: der volksnahe Führer und die abgehobene Intellektuelle.
Der Pop-Traum: ausgeträumt
Die hätten wir uns gewünscht – die erste Frau im mächtigsten Staatsamt der Welt. Ein Gegengewicht zu den Autokraten und Rechtsrucken weltweit – antirassistisch und antisexistisch, glamourös und groovy, ein Pop-Traum, ein elitärer.
Ausgeträumt. Taylor Swift, Billie Eilish, Harrison Ford, Bruce Springsteen, Beyoncé, Stevie Wonder, Jennifer Lopez, Ricky Martin, Demi Moore, Lizzo, Megan Thee Stallion, Lady Gaga, Cardi B, Justin Vernon, Jason Isbell, Patti LaBelle, John Legend, Sheila E., Common, Cher, James Taylor, Mumford & Sons, The National, Remi Wolf, Michael Stipe, Jon Bon Jovi, The Roots, Christina Aguilera, Katy Perry, Dionne Warwick, Bad Bunny, Selma Gomez unterstützten Kamela Harris. Um nur einige zu nennen. Doch die Stimmen der Swifties und Brats nutzen nichts. Jedenfalls nicht an der Fleischtheke in Harrisburg, Pennsylvania.
Wen hatte Trump? Kid Rock, Hulk Hogan, Roseanne Barr. Und Elon Musk, der sich nun mutmaßlich über Rüstungsaufträge, wachsende Medienmacht, frische Milliarden und einen Chefeinflüstererposten freuen kann.
Eine krude Mischung aus Isolationismus, Protektionismus, Autoritarismus
Donald Trump ist ein Alptraum. Kamala Harris eine popkulturelle Fantasie – jedenfalls das Bild, das wir uns von ihr gemalt haben. Aber natürlich wäre eine Präsidentin Harris, selbst auf die schnöde Wirklichkeit heruntergepegelt, eine Erlösung gewesen, zumindest ein Durchatmen. Denn ein Präsident Trump wird die Welt, wie wir sie kennen, schreddern. Er ist weird und er hat eine Agenda. Eine krude Mischung aus Isolationismus, Protektionismus, Autoritarismus, getrieben von Spontanität, Cäsarenwahn und Rache. You name it. All das ist bekannt und keine Überraschung. Dennoch bleibt ein Gefühl, dass etwas schrecklich schiefgelaufen ist.
World gone wrong. „Strange things have happened, like never before”, so geht die erste Zeile des Songs der Mississippi Shakes von 1932, gesungen und popularisiert von Bob Dylan. Und so endet das Lied: „Pack up my suitcase, give me my hat / No use to ask me, baby, ‚cause I’ll never be back / I can’t be good no more, once like I did before / I can’t be good, baby / Honey, because the world’s gone wrong.”