Die 100 besten Musiker aller Zeiten (14): Led Zeppelin – Essay von Dave Grohl

Ich finde, Jimmy Page ist seltsamer als Jimi Hendrix. Hendrix war ein brennendes Genie. Jimmy Page ein besessenes.

Heavy Metal gäbe es nicht ohne Led Zeppelin. Und wenn es ihn trotzdem gäbe, wäre er nichts wert. Led Zeppelin waren mehr als eine Band. Sie waren die perfekte Verbindung aus Leidenschaft, Aura und Können. Sie schienen immer auf der Suche zu sein, gaben sich nicht damit zufrieden, an einem Ort zu bleiben. Und versuchten immerzu, etwas Neues zu machen.

Sie konnten alles machen, und ich glaube, sie hätten es auch gemacht, wenn John Bonhams Tod dem nicht ein frühes Ende gesetzt hätte. Zeppelin waren ein Fluchtweg aus der Realität. In allem, was sie machten, steckte so ein Fantasy-Element. Das war einer der Hauptgründe, warum sie so wichtig wurden.

Zeppelin waren die seltsamsten

Wer weiß, ob wir heute alle in „Herr der Ringe“ rennen würden, wenn Led Zeppelin nicht gewesen wären. Die Kritiker konnten damals nicht viel mit ihnen anfangen, weil sie zu experimentell und abseitig waren. 1968 und 1969 trieben sich eine Menge seltsamer Gestalten in der Musikszene herum. Aber Zeppelin waren die seltsamsten. Ich finde, Jimmy Page ist seltsamer als Jimi Hendrix. Hendrix war ein brennendes Genie. Jimmy Page ein besessenes. Hendrix und Jeff Beck und Eric Clapton bliesen den Leuten den Arsch weg. Aber Page trieb das Ganze noch einen Schritt weiter. Und er tat das auf so wunderbar menschliche und unperfekte Weise.

Er spielt Gitarre wie ein alter Bluesmann auf Acid. Wenn ich Zeppelin-Bootlegs höre, bringen mich seine Soli abwechselnd zum Lachen und zum Weinen. Page benutzt seine Gitarre nicht nur als Instrument. Für ihn ist sie eine Art Gefühlsdolmetscher.

„Ich verbrachte Jahre in meinem Zimmer – wirklich Jahre! – und hörte Bonham zu“

John Bonham spielte Schlagzeug wie jemand, der nicht wusste, was als nächstes passieren würde. Als würde er am Rande eines Abgrunds spazieren gehen.  Niemand hat das seither geschafft, und ich glaube auch nicht, dass es noch mal jemandem gelingen wird. Für mich ist er der größte Drummer aller Zeiten. Du kannst dir nicht vorstellen, wie er mich beeinflusst hat. Ich verbrachte Jahre in meinem Zimmer – wirklich Jahre! – und hörte Bonham zu, versuchte, seinen Swing nachzumachen, diese Immer-knapp-hinter-dem-Beat-Angebereien, seine Geschwindigkeit und seine Kraft.

Nicht nur auswendig zu lernen, was er auf den Alben machte, sondern mich in einen Zustand zu versetzen, in dem ich instinktiv in dieselbe Richtung gehen würde wie er. Mein Körper ist voll mit John-Bonham-Tattoos. Handgelenke, Arme, Schultern. Das erste ließ ich mir machen, als ich 15 war. Drei Kreise, das war sein Zeichen auf „Led Zeppelin IV“. Er hatte es auch auf seiner Basstrommel.

Led Zeppelin – „Black Dog“:

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

„Black Dog“ auf „Zeppelin IV“ verkörpert alles, was Led Zeppelin in den rockigsten Momenten ausmachte. Es musste gar nicht besonders verzerrt oder schnell sein, nur Zeppelin, das reichte schon. Aber sie hatten auch eine sanfte Seite. Etwas, das die Leute häufig über-sehen, weil sie sie nur als Rockmonster sehen.

Auf „Led Zeppelin III“ gibt es ganz viel davon. Es war mein Soundtrack, als ich die Schule schmiss. Ich hörte das Album jeden Tag in meinem VW Käfer, während ich darüber nachdachte, was ich mit meinem Leben anfangen sollte.

Größte Rockband aller Zeiten

Das erste Mal hörte ich sie im Radio, etwa zu der Zeit, als „Stairway To Heaven“ dauernd gespielt wurde. Ich war sechs oder sieben und gerade dabei, Musik zu entdecken. Als Teenager bekam ich dann die ersten beiden Zeppelin-Alben von ein paar echten Stonern vererbt. Davon gab es eine Menge in den Vororten Virginias. Und eine Menge Muscle-Cars und Zeppelin und Acid und Gras.

Für mich waren Zeppelin eine spirituelle Inspiration. Ich ging in eine katholische Schule und war mir nicht sicher, ob man an Gott glauben konnte. Aber an Led Zeppelin glaubte ich definitiv. Sie zeigten mir, dass Menschen überhaupt Antennen für solche Musik haben können. Und dass sie von irgendwoher kommen muss. Aber nicht aus einem Songbook, nicht von einem Produzenten. Von irgendwo anders.

Ich glaube, Zeppelin werden zurückkommen und noch einmal beweisen, dass sie die größte Rockband aller Zeiten sind. Sie werden jemanden finden, der die Drums spielt, und ich werde da sein. In der ersten Reihe, bei jedem gottverdammten Konzert. Dann könnte ich als glücklicher Mensch sterben.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates