Die enttäuschendsten Alben aller Zeiten (48): Wings – „Wild Life“
Wings brauchten nicht lange, um ihre Stärken herauszufinden und der Welt „Band on the Run“ zu schenken, aber auf „Wild Life“ legten sie einen äußerst wackeligen Start hin.
Die enttäuschendsten Alben aller Zeiten. Eine Erfolgssträhne kann nicht ewig anhalten. Und wenn Sie ein erfolgreicher Aufnahmekünstler mit einer langen Karriere sind, kommt unweigerlich der Moment, in dem Fans und Kritiker von einem neuen Album enttäuscht sind.
Dies kann daran liegen, dass ein großes Experiment sich nicht wie erhofft ausgezahlt hat. Sich der Geschmack schnell geändert hat. Man plötzlich als Relikt der Vergangenheit abgetan wird. Dass man etwas so Kühnes und Innovatives geschaffen hat, dass sein Genie erst in den kommenden Jahren gewürdigt wird. Oder dass man einfach einen Blindgänger produziert hat, aufgrund einer Kombination aus körperlicher und kreativer Erschöpfung. Dem unerträglichen Stress, sich selbst übertreffen zu wollen. Und vielleicht dem Einfluss bestimmter chemischer Substanzen.
Für wirklich große Künstler kann ein enttäuschendes Album lediglich eine kleine Unebenheit auf dem Weg zu einer langen, erfolgreichen Karriere sein. Bob Dylan hat viele Alben, die man getrost als „enttäuschend“ bezeichnen kann. Und sie haben die Nachfolger nur noch beeindruckender und interessanter gemacht. Dasselbe könnte man von David Bowie, Madonna, Jay-Z, Stevie Wonder, den Rolling Stones und anderen Künstlern sagen, deren Karrieren mehrere Generationen umfassen.
Bewertung: Auch abhängig vom Zeitpunkt
Der amerikanische ROLLING STONE hat eine Liste der 50 enttäuschendsten Alben der Musikgeschichte zusammengestellt. Es müssen einige wichtige Vorbehalte gemacht werden, bevor verschiedene Fan-Armeen Pläne schmieden, unsere Büros in Brand zu setzen. Oder SWAT-Teams auf unsere Häuser loszulassen. Wir lieben einige dieser Alben absolut. Ein Album kann in dem Moment, in dem es herauskommt, als enttäuschend angesehen werden. Und später für immer neu bewertet werden.
Dies hat vor allem mit dem Zeitpunkt und dem kritischen Konsens zu einem bestimmten Zeitpunkt zu tun. Und ein Album, das als B+/A- angesehen wird, ist immer noch enttäuschend, wenn es auf eine Reihe von A/A+-Alben folgt.
Außerdem würde ein enttäuschendes Album von einem unglaublich talentierten Künstler wie Radiohead oder U2 als Meisterwerk angesehen werden, wenn es von fast jedem anderen veröffentlicht worden wäre. (Wir haben uns die Entscheidung, „The King of Limbs“ und „Songs of Innocence“ hier aufzunehmen, wirklich schwer gemacht. Haben sie aber letztendlich doch aufgenommen.)
(Und wenn Sie unsere Häuser stürmen, weil wir Ihre Lieblingsband hier aufgenommen haben, können Sie das dann wenigstens tagsüber machen? Es ist nervig, wenn sie mitten in der Nacht hereinstürmen. Außerdem ist „The King of Limbs“ verdammt gut. Reißt euch zusammen, Radiohead-Armee.)
48. Wings – „Wild Life“
Stell dir vor, du bist ein Paul-McCartney-Fan im Dezember 1971. In den letzten zwei Jahren wurden „Abbey Road“, „Let It Be“, „McCartney“ und „Ram“ herausgebracht.
Das sind alles hervorragende Alben, um es milde auszudrücken. Und absolut einzigartig. Du hast gehört, dass Paul McCartney eine neue Band namens Wings gegründet hat. Es ist seine erste Gruppe seit den Beatles.
Dann gehst du in den Plattenladen und holst dir „Wild Life.“ „Enttäuschung“ beschreibt nicht einmal ansatzweise die Erfahrung der meisten Fans in einer solchen Situation.
Das in wenigen Tagen im Sommer 1971 aufgenommene Album ist eine Mischung aus halbgaren Originalen („Dear Friend“, „Tomorrow“), einem sinnlosen Cover („Love Is Strange“) und Wiederholungen von Songs („Mumbo“, „Bip Bop“), die schon beim ersten Mal nicht funktionierten. Geschweige denn beim zweiten Mal.
„McCartney kommt mit seinem eigenen Flaum zurecht. Die Überproduktion klingt diesmal weniger überladen. Aber es ist immer noch Flaum“, schrieb Robert Christgau. „Und nicht einmal Gänsehaut. Vielleicht hat ihn der Nervenkitzel, seine eigene Band zu leiten, abgelenkt“.
Wings brauchten nicht lange, um ihre Stärken herauszufinden und der Welt „Band on the Run“ zu schenken, aber auf „Wild Life“ legten sie einen äußerst wackeligen Start hin.