Die 100 besten Musiker aller Zeiten: Bo Diddley – Essay von Iggy Pop
Ich glaube, Bo und Chuck Berry sind trivialisiert worden, weil man sie zu oft gecovert hat. Der Einfluss ist unüberhörbar, aber ihre eigenen Karrieren hätten einen kleinen Kick vertragen können.
Bo Diddleys Musik ist gigantisch. Bewegend. Die schwule, sexuelle Kraft Afrikas steckt da drin. Und alle Arten von Geheimnissen. Die Leute hören seine Platten und denken: „Ach, man spielt einfach nur bonk-de-bonk-bonk, de-bonk-bonk, und schon hat man einen Bo-Diddley-Beat.“ Aber so einfach ist das nicht.
Er spielte unglaublich einfache Sachen mit unglaublicher Autorität.
Ich hörte ihn das erste Mal auf einem Album der Rolling Stones, auf ihrem Cover von „Mona“. Das war so ein toller Song. Ich schaute mir die Credits an, und da stand „Ellas McDaniel“. Ich dachte: „Wer zum Teufel ist das denn?“ Doch als ich mit dem Songschreiben anfing, öffnete er mir die Augen.
Ich hatte keinen besonderen Stimmumfang, kannte nur ein paar Griffe auf der Gitarre und suchte nach einer Möglichkeit zu schreiben – und da war er, der ganz vollständige, ganz eingängige Songs ohne großes Brimborium schrieb. Sie waren nicht so überladen. Er nervt nie mit überflüssigen Akkordwechseln, wie es im Heavy Metal üblich ist. Der Sound ist hypnotisch.
Und Bo Diddley verkörperte diese Einstellung: Kopf hoch, Brust raus! Er war ein Bulle, und diese Haltung bewies er in allem, was er spielte. Stimmlich erinnert er mich an tiefsten Delta-Blues: Muddy Waters in städtischer Verkleidung. Und seine Stimme ist so verdammt laut.
Bo Diddleys Hände waren von den Handgelenken bis zu den Fingerspitzen ein Fuß lang
Dann ist da noch die Art, wie er Gitarre spielte. Seine Hände waren von den Handgelenken bis zu den Fingerspitzen ein Fuß lang. Dank ihnen hatte er sein Instrument immer unter Kontrolle. Sein Rhythmus war einzigartig. Mit Jimi Hendrix wurde die Linie überschritten. Hendrix benutzte seine Hände und eine Fuzzbox für seinen Sound. Heute brauchen viele Gitarristen nur noch eine Fuzzbox.
Bo Diddley hatte mächtigen Einfluss auf den Sixties-Rock. Die Stones coverten Bo Diddley, die Yardbirds machten „I’m A Man“, und die Pretty Things coverten seinen Song „Pretty Thing“. Meine Band in der High School, die Iguanas, spielte ein paar seiner Songs, „Road Runner“ zum Beispiel, und ein bisschen hörst du ihn auch in den Stooges. Und dass Jack White seine Platten studiert hat, steht einwandfrei fest.
Der Einfluss ist unüberhörbar
Ein paar Mal habe ich Bo auch persönlich getroffen. Einmal spielte ich mit ihm in Las Vegas, und in den Achtzigern und Neunzigern saßen wir öfter im selben Flugzeug – er immer in der ersten Klasse, immer allein, immer mit seiner Polizeimütze und dem Sheriffstern.
Ich glaube, Bo und Chuck Berry sind trivialisiert worden, weil man sie zu oft gecovert hat. Der Einfluss ist unüberhörbar, aber ihre eigenen Karrieren hätten einen kleinen Kick vertragen können. Irgendeine Auto- oder Jeansfirma, die ein Stück von ihm in ihre Werbung einbauen, damit die jungen Typen und Typinnen sagen: „Wow, das rockt ja richtig ab!“