Phil Collins: Both Sides (All the Sides)

Der erste Collins-Flop, nun als Deluxe-Edition

Dem Briten Phil Collins gelang zwischen 1980 und 1991 etwas, das den amerikanischen – und noch größeren – Superstars der Dekade, Michael Jackson, Madonna und Prince, nicht gelang: in jedem Jahr mindestens ein Top-5-Hit in den Billboard-Charts, ob mit Genesis oder Solo.

Und die Singles waren große Klasse, allesamt.

Die Kollegen vom „Musikexpress“ erfanden daraufhin das Wortspiel „Viel Collins“, aber es war dennoch nicht weniger als eine Meisterleistung jenes Multiinstrumentalisten, dem die Journalistin Julie Burchill einst gehässig bescheinigte, er sähe so aus, als trage er dauerhaft eine Strumpfmaske.

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Mit „Both Sides“ fand dieser Höhenflug 1993 sein Ende. Collins sagte, das fast komplett von ihm allein eingespielte Album sei in seiner Düsternis und Sperrigkeit schwer zu verdauen (er verarbeitete wieder mal eine Trennung), aber die Worte erschienen wie eine Schutzbehauptung – sein Fundus an Melodien war schlicht erschöpft.

Vier Jahre nach „Another Day in Paradise“ wollte man mit der Vorabsingle „Both Sides of the Story“ nicht schon wieder eine Collins-Klage über den Welthunger über sich ergehen lassen.

Die „Both Sides“-Veröffentlichung auf 5-LPs (eine CD-Version erscheint nicht) wirkt überraschend

„Mein persönlichstes Album“ als vorgeschobene Erklärung für „echt nicht schlimm, wenn ihr mir nicht folgen wollt“. Collins war erst 42. Und hatte nicht mehr viel zu sagen. Ihn ihm steckte kein weiteres Hit-Album mehr.

Diese Veröffentlichung auf 5-LPs (eine CD-Version erscheint nicht) wirkt überraschend, weil keiner nach dieser Platte gefragt hat. Von den 20 Bonustracks sind zehn der Re-Release-Rutsche von 2016 mit dem Kampagnentitel „Take a look at me now“ übernommen, die anderen zehn finden sich nahezu sämtlich auf den CD-Singles ihrer Zeit.

Die herausragenden Live-Stücke sind „Hang in Long Enough“, das rare „Hand in Hand“ sowie Collins‘ persönlicher Favorit „Doesn’t Anybody Stay Together Anymore“ – die was gemeinsam haben? Sie entstammen nicht „Both Sides“, sondern anderen Studioalben.