Mit diesen Bildern wurde der Hollywood-Glamour erfunden
Ein wuchtiger Doppel-Band zeigt Bilder aus dem Archiv des legendären „Life“-Magazins.
Als Hollywood mit Beginn der Tonfilmära in voller Blüte stand, war das „Life“-Magazin das führende Medium, das die Träume, Skandale und das schillernde Leben der Filmmetropole in unvergleichlichen Bildern festhielt.
Zwischen den 1930er und 1970er Jahren bot das Magazin vor allem atemberaubende Fotografien, die das glamouröse Leben der Filmstars und die tiefgründigen Geschichten hinter den Kulissen einfangen konnten. In einer Zeit, in der das Fernsehen noch in den Kinderschuhen steckte und das Internet noch nicht einmal ein kühner Gedanke war, waren Bilder ein mächtiges Medium, um Emotionen zu wecken.
„Life“ verstand dies besser als jedes andere Medium in den USA und setzte Fotografinnen und Fotografen ein, um die die Aura einzigartiger Momente einzufangen. Sie gaben der breiten Öffentlichkeit Einblicke in eine Welt, die für die meisten unerreichbar war – und machte sie so nahbar. Auch wenn ereignisreiche Wendungen im Leben so mancher Stars wie Bette Davis, Marlon Brando, Sophia Loren, Paul Newman, Sydney Poitier und Brigitte Bardot abgebildet wurden (und des Öfteren auch ihre Privatgemächer gezeigt wurden), zeigte sich nebenher auch ihre Einsamkeit hinter der glänzenden Fassade.
Schattenseiten Hollywoods
Die Fotografinnen und Fotografen von „Life“ schufen durch ihre Bilder eine bis heute bestehende Verbindung zwischen den Filmikonen und der Bevölkerung, auch wenn sich Hollywood über die Jahrzehnte veränderte. Im Taschen-Verlag erscheint nun eine zwei Bände umfassende Verneigung vor dieser unnachahmlichen Lifestyle-Fotografie (Life. Hollywood. Hardcover, 2 Bände im Schuber, 708 Seiten, 200 Euro). Beleuchtet werden darin nicht nur die Anfänge des Blatts nach Gründung ihres Verlegers Henry R. Luce im Jahr 1936 (mit Jean Harlow als erstem Hollywood-Star auf dem Cover), sondern auch die Entwicklung eines Magazins zu so etwas wie einem Schaufenster in die Welt.
Weit über 600 Bilder finden sich in den zwei Büchern. Es ist ein historischer Schatz von festgehaltenen Luxus-Momenten und eigenwilligen Portraits. In Erinnerung gerufen wird wird auch ein Reportagejournalismus, der Oscar-Nächte zu mythischen Ereignissen erhob, auf den Partys der Reichen und Schönen eine illustre Gegenwelt ausmachte und letztlich den Mythos Hollywood nicht nur beschrieb und bebilderte, sondern durch die enge Verbindung zu ihren Hintermännern und Leinwandhelden erst miterfand.
Einige der renommiertesten Fotografinnen und Fotografen des 20. Jahrhunderts wurden von „Life“ beschäftigt, und so ist dieses groß angelegte Hollywood-Archiv auch eine Erinnerung an die Arbeiten von Alfred Eisenstaedt (der viele Stars in Momenten der Ruhe und Reflexion, weit weg vom Scheinwerferlich zeigte), Margaret Bourke-White, John Loengard und Philippe Halsman. Letzterer wurde bekannt für seine dynamischen „Jump“-Porträts, bei denen die Schauspielerinnen und Schauspieler in die Luft springen. Seine spielerischen Porträts von Marilyn Monroe, Audrey Hepburn und Alfred Hitchcock sind noch heute legendär.
Spiegel der Gesellschaft
Das „Life“-Magazin etablierte sich mit der Zeit als ein Spiegel der amerikanischen Gesellschaft. Die Fotografen hielten nicht nur die Glanzmomente fest, sondern auch die dunkleren Seiten Hollywoods. Sie dokumentierten den Übergang vom goldenen Zeitalter des Kinos zu einer Zeit des Wandels, in der die Traumfabrik von neuen sozialen und politischen Strömungen beeinflusst wurde.
Themen wie Rassismus, Druck, der auf den Stars lastete, sowie den Kampf der Frauen um Gleichberechtigung wurden mit der Zeitschrift ins Bewusstsein der Öffentlichkeit getragen. Viele politische und gesellschaftliche Veränderungen traten erst ein, als „Life“ – aber auch als Hollywood – an Bedeutung verloren hatten. Aber sie nahmen in der einzigartigen Apotheose zwischen einem Medium, das zu Hochzeiten jeder vierte Amerikaner las, und einer Filmindustrie, die Hofberichterstatter braucht wie Menschen Sauerstoff, ihren Anfang.
In Zeiten, da sich durch das soziale Internet Möglichkeiten ergeben haben, das eigene Bild unabhängiger von Presse und journalistischer Fotografie zu gestalten, zeigen diese Erinnerungsbände, wie wertvoll die Verbindung zwischen jenen, die Kunst schaffen und solchen, die über sie berichten, noch immer ist.