Beabadoobee
„This Is How Tomorrow Moves“ – Rettung im Chaos
Dirty Hit (VÖ: 9.8.)
Auf ihrem melodieverliebten dritten Album wird die Britin erwachsen.
Rick Rubins Markenzeichen als Produzent besteht darin, kein Markenzeichen zu haben. Vielleicht hat er den Tee zubereitet oder Meditationsübungen verordnet. Sein Einfluss auf den Sound von „This Is How Tomorrow Moves“ bewegt sich jedenfalls im homöopathischen Bereich. Also verlieren wir darüber kein Wort mehr und konzentrieren uns auf die Kunst der englischen Songschreiberin mit philippinischen Wurzeln. Beatrice Kristi Ilejay Laus alias Beabadoobee hat mit ihren ersten beiden Platten Ansprüche auf einen Platz in der vordersten Reihe der gitarrenlastigen Popmusik angemeldet. Irgendwer musste ja schließlich die Lücke füllen zwischen Mitski, Indigo De Souza und Clairo. Besonders „Beatopia“ (2022) hatte diesen unwiderstehlichen Punch, weil Beabadoobee jederzeit mit einem Wimpernschlag von zärtlichem Bedroom-Pop-Gewisper zu laszivem R&B zu fiesem Slacker-Rock hochschalten konnte.
Wenn „Beatopia“ eine Coming-of-Age-Platte war, verhandelt „This Is How Tomorrow Moves“ die neue Rolle unter Erwachsenen
„This Is How Tomorrow Moves“ versprüht ebenfalls wieder sehr viele Nineties-Vibes. Aber statt Meredith Brooks gibt es jetzt mehr Natalie Imbruglia und Vanessa Carlton. Zumindest muss man Beabadoobees inneres Chaos, das sie auf diesem Album umarmen will, lange suchen. Es offenbart sich – auf stilistisch verblüffende Weise – erst am Ende der Platte. „Take A Bite“ und „California“ belehnen den melodieverwöhnten Radio-Pop-Rock besserer Musikindustrie-Tage. Das unendlich softe „Tie My Shoes“ erreicht beinahe Billie-Eilish-Qualitäten. Der „Girl Song“ klingt, als würde Vanessa Paradis ein Stück aus Randy Newmans Pixar-Schublade interpretieren. Mit einer Stimme aus Karamell-Eis reimt die Sängerin gar Drolliges: „In a way I’m figuring it out at my own pace/ Just a girl who overthinks about proportions or her waist.“
Wenn „Beatopia“ eine Coming-of-Age-Platte war, verhandelt „This Is How Tomorrow Moves“ die neue Rolle unter Erwachsenen. Manch verzerrte Gitarre wurzelt noch in Barbie World, Ken wurde indes schon durch Prince ersetzt. Mit dem zuckersüßen Bossanova-Flair von „A Cruel Affair“, der schwärmerischen Ballade „Everything I Want“, dem Bubblegum-Grunge-Pop von „Post“ und dem lieblichen Selbstfindungs-Walzer „This Is How It Went“ lässt die 24-Jährige das Chaos in ihrem Kopf gewähren. Wenn es solche Songs hervorbringt – gut so!