Die 100 besten Musiker aller Zeiten: Al Green – Essay von Justin Timberlake
An der Überbevölkerung ist Al Green nicht unschuldig: Seine Musik ist Liebesnächten mit Folgen mehr als zuträglich.
An der Überbevölkerung ist Al Green nicht ganz unschuldig: Seine Musik ist Liebesnächten mit Folgen mehr als zuträglich. Aber was ihn wirklich zu einer Inspiration für mich machte, waren seine ungefilterte Leidenschaft, seine emotionale Direktheit und die Begeisterung, mit der er in seiner Musik aufgeht. Es gibt Menschen, die für bestimmte Tätigkeiten prädestiniert sind – Al Green wurde geboren, um uns ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Ob es nun „You Ought To Be With Me“, „I’m Still In Love With You“, „Love And Happiness“ oder, nicht zu vergessen, „Let’s Stay Together“ ist: Wann immer der Beat beginnt und die Gitarre einsetzt, weiß man, dass man reich beschenkt wird. Seine Songs waren jedoch nie so politisch wie die von Marvin Gaye oder Donny Hathaway.
Seine Stimme wird mich immer daran erinnern, wie ich mit meinen Eltern über die Landstraßen in der Umgebung von Memphis fuhr. Wir spielten Musik vom Kassettenrekorder, und jedes Mal, wenn ich Al hörte, überkam mich der Wunsch, selbst Sänger zu werden. Seine Stimme war der Beweis, dass es auch völlig okay war, mit einer weicheren Falsett-Stimme gesegnet zu sein. Das war mir wichtig, weil ich nun mal nicht das kernig-röhrende Organ besaß, um bei „American Idol“ abzuräumen. Al war der geborene Crooner. Die Art und Weise, wie er eine Note dehnte und drehte, konnte man weder imitieren noch lernen.
Und hinter ihm stand diese wundervolle Band. Auf Songs wie „Tired Of Being Alone“ sind die Bläser dezent und drängen sich nie auf, bleiben aber immer funky. Und ich liebte die Tatsache, dass man die kleinen Unsauberkeiten auf diesem Album gar nicht erst zu vertuschen suchte.
Wir sangen „Let’s Stay Together“, und es war der Höhepunkt in meiner bescheidenen Karriere
Irgendwann fand ich heraus, dass der Mann eigentlich direkt in meiner Nachbarschaft lebte. Jahre später durfte ich einmal ins Weiße Haus (als Clinton Präsident war), und Al sang dort Sam Cookes „A Change Is Gonna Come“. Das Publikum ließ den Tränen freien Lauf. Nachdem ich mein erstes Soloalbum veröffentlicht hatte, musste ich für ein TV-Special nach Memphis, und ich rief ihn an und fragte, ob er mir die Ehre erweisen würde, auf die Bühne zu kommen. Wir sangen „Let’s Stay Together“, und es war der Höhepunkt in meiner bescheidenen Karriere.