Die 100 besten Musiker aller Zeiten: The Shirelles – Essay von Paul Shaffer
Sie waren nicht die erste Girlgroup, aber die erste mit einer ganzen Palette von Hits.
Die Shirelles hatten einen „Sound“ – ein Terminus, der für die Vocal-Group-Ära der Sechziger von eminenter Bedeutung war.
Shirley Alston Reeves, für die meisten Lead-Vocals zuständig, klang gefühlvoll und lebensnah. Wenn sie sang „Baby, it’s you“, fühlte man sich tatsächlich angesprochen.
Sie waren nicht die erste Girlgroup, aber die erste mit einer ganzen Palette von Hits. Sie beeinflussten so ziemlich alle – von den Ronettes über Motown-Bands wie den Supremes bis hin zu den Beatles, die „Baby It’s You“ und „Boys“ coverten. Sie bekamen allerdings auch einige der besten Songs vorgelegt, die jemals geschrieben wurden: „Will You Love Me Tomorrow“, „Soldier Boy“, „Tonight’s The Night“ oder „Mama Said“.
„Doo ron, day ron, day ron day papa, doo ron“ singen sie alle
Interessant ist aber, dass sie „I Met Him On A Sunday“, ihren ersten Hit, selbst schrieben, als sie noch in New Jersey auf die Highschool gingen. Und bereits auf dieser Aufnahme kombinierten sie Doo-Wop mit den griffigen Melodien aus der Popmusik. Die Aufnahme beginnt mit der ganzen Gruppe: „Doo ron, day ron, day ron day papa, doo ron“ singen sie alle, bis sich dann die Lead-Vocals herausschälen: „Well, I met him on a sunday …“
Als Kind saß ich nach der Schule zu Hause und spielte ihre Songs auf dem Klavier nach. Später, in den frühen Neunzigern, hatte ich nochmal ein ähnlich inspirierendes Erlebnis, als die Shirelles von der „Rhythm & Blues Foundation“ geehrt wurden: Die drei noch lebenden Mitglieder – Shirley, Beverly Lee und Doris Jackson – waren zu der Preisverleihung erschienen; Addie „Mikki“ Harris war bereits 1982 gestorben. Ich hatte gehört, dass sie sich seit Jahren nicht mehr gesehen hatten – und man hinter den Kulissen etwas nervös war, als die drei schließlich auf die Bühne kamen.
Ein Auftritt war nicht vorgesehen, aber als Doris den Award in die Hand nahm, sagte sie nur: „This is dedicated to the one I love“ – und dann legten sie los und sangen es. Die Begleitband stieg ein, und die Zuschauer konnten es kaum fassen. Und Shirley, Berverly und Doris hatten so viel Spaß, dass sie „Soldier Boy“ noch gleich dranhingen. Dies war eine Gruppe, die seit Jahren nicht mehr zusammen gesungen hatte, aber sie klangen einfach göttlich. Ich habe stramm gestanden und salutiert. Ich konnte einfach nicht anders.