„Zeit der Wölfe“: Guter Film, den keiner versteht

Die Verwandlungsszenen wiederum sind in ihrer Surrealität faszinierend.

„Rotkäppchen“ bietet den herausragenden Payoff der Märchengeschichte. Ein liebevoll konstruktiver Dialog blinden Verständnisses, bei dem das erstaunlich zugewandte Opfer (das Mädchen) durch interessierte Fragen zum veränderten Erscheinungsbild seines Gegenübers (der als Großmutter maskierte Wolf) überhaupt erst die Gelegenheit zu dessen eskalierender Inszenierung ermöglicht, was dem selbstlosen Opfer zum Nachteil gereicht: „ …damit ich dich besser fressen kann!“.

Für seine „Rotkäppchen“-Variation verzichtete Neil Jordan auf diese legendäre Gesprächsdynamik, aber die – zugegeben abgegriffene – Grimm‘sche Moral, als junge Frau besser stets auf dem vorgetrampelten Weg zu bleiben und sich „animalisch“ performenden Verführern nicht hinzugeben, findet sich auch hier. Schon vor den Oasis-Brüdern Liam und Noel Gallagher hieß es, wie in „Zeit der Wölfe“, Männern mit zusammengewachsenen Augenbrauen zu misstrauen. Was Rosalie (Sarah Patterson) nicht gelingen wird.

Ein kompletter Wolfskopf schält sich aus dem Mund eines Mannes heraus

Wie zwei andere (Groß-)Produktionen der mittleren 1980er, David Lynchs „Dune“ und Ridley Scotts „Legende“, litt auch Jordans Arbeit unter missglücktem Marketing. Sein 1984er-Film stand nicht in der Tradition von „Das Tier“ und dem „American Werewolf“, ist eben kein Werwolf-Horrorstreifen, sondern ein – mit Symbolen überfrachtetes – Märchen über Adoleszenz, unterlegt von George Fentons sehnsüchtelnden Streichern.

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Dass die Werwölfe am Ende nur wie normale Wölfe aussahen, verstand kein Mensch. Dass sie in barocken Festkleidern wie Menschen an einem Festbankett sitzen und von barock-gepuderten Dienern Essen gereicht bekommen, auch nicht. Die Verwandlungsszenen wiederum sind in ihrer Surrealität faszinierend. Ein kompletter Wolfskopf schält sich aus dem Mund eines Mannes heraus, das landete prompt auf den Filmplakaten. Zum 40. Jubiläum nun als 4k-Version samt Audiokommentar von Regisseur Jordan. (Pandastorm).

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