Billie Eilish: „Hit me hard and soft“ – so viel Talent, und das in dem Alter!

Vom Fressen der Weisheit mit Löffeln

Langsam wird einem diese Familie fast ein bisschen unheimlich: So viel Talent, und das in dem Alter! Auch auf ihrem dritten Album fließen die musikalischen Ideen derartig verlässlich aus Billie Eilish und ihrem kongenialen Bruder Finneas O’Connell, dass man sich die Ohren reiben möchte: Woher nur nehmen die Frau die Weisheit, und der Mann die Inspirationen?! Wie kommt die 21jährige auf den Satz „People say I look happy just because I got skinny”, der das Dilemma des (weibliche Körper betreffenden) Lookismus nonchalant und schmerzhaft treffend auf den Punkt bringt?

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Wieviel Bowie steckt im fünf Jahre älteren Finneas, wenn er für „The Greatest“ ein Arrangement schreibt, dessen Opulenz einem die Tränen in die Augen treibt? Angst kennen die Geschwister jedenfalls nicht: Das sehnsüchtige Midtempo-Liebeslied „L’amour de ma vie“ morphen sie mittendrin in eine stampfende Italo-Disco-Nummer, über deren Beats Eilish kaputte Songfetzen haucht, „The Diner“ erinnert in seinen konsequenten Lowfi-Sounds an den Independent-Anarchismus der Gorillaz mit „Clint Eastwood“. Und „Blue“ mit seinen komplett unterschiedlichen Songteilen scheint wie ein nachmitternächtlich-schlafloser Blick in private Fotoalben (Eilish leidet nach Eigenangabe an Schlaflosigkeit): „You were born bluer than a butterfly / beautiful and so deprived of oxygen“, singt sie, und lässt offen, ob sie sich selbst, ihren Bruder oder jemand ganz anderen im Kopf hat.

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Dass Billie und Finneas auf „Hit me hard and soft“ dabei dennoch, quasi aus reiner Höflichkeit im Popbereich verweilen, und ihre Hörer:innen nur langsam, in Babyschritten, in immer ungewöhnlichere Musikwelten entführen, ist ein großartiges Zeugnis dessen, was Popmusik kann: Horizonte erweitern, Schmerz lindern, ablenken, lehren, schmeicheln, eskapistisch sein. Nur zehn Songs sind auf dem Album, das die beiden 2021 und 2022 wie immer in der Intimität ihres Homestudios aufnahmen, aber mehr braucht man von dem Stoff auch nicht – so stark wirkt er. „Twenty-One took a lifetime”, raunt Billie irgendwann, und wirkt dabei lebensklug wie Solon. Wo soll das nur alles enden.