Roman Polanski: Ein weiterer Prozess im Spätherbst seiner Karriere
Diesmal geht es um Verleumdung zu Missbrauchsvorwürfen gegen den Regisseur. Ein Fall aus den 1980ern, der 2010 erstmals öffentlich wurde
Für seinen letzten Film „The Palace“, eine überdrehte Komödie über Supereiche, bezog der weiterhin als „Regielegende“ bezeichnete Roman Polanski flächendeckend Prügel. Von „Humor aus der Mottenkiste“ spricht eine SWR-Kritik: „Der 90-jährige Regisseur legt den schlechtesten und vermutlich auch letzten Film seiner Karriere vor.“ Die auf dem Filmfestival in Venedig 2023 veröffentlichte Klamotte mit großer Besetzung (Mickey Rourke, Fanny Ardant, John Cleese, Oliver Masucci) wird auch in den englischsprachigen Reviews bestenfalls spöttisch betrachtet.
Das Fachblatt „Hollywood Reporter“ brachte das Dilemma zum wahrscheinlichen Ende von Polanskis Karriere auf den Punkt. Nicht nur die Bewunderer seines großen Lebenswerks stünden vor „einem Minenfeld voller unlösbarer Fragen“; angesichts seines Vorstrafenregisters und des angeschlagenen Rufs des Regisseurs. „Ist es möglich, ein Kunstwerk zu loben, wenn bestimmte Teile des Lebens eines Künstlers verwerflich sind, oder sollte man beides voneinander trennen? Sollte Polanski noch Filme machen dürfen? Sollte über diesen Film überhaupt geschrieben werden?“
Vor diesem Hintergrund ist der eher nachgeordnete Prozess über einen Missbrauchsvorwurf aus den 1980ern und ein Interview aus dem Jahr 2019 zu betrachten, der am Dienstag (5. März) in Paris begonnen hat.
Worum geht es?
Die britische Schauspielerin Charlotte Lewis hatte Polanski bereits 2010 des sexuellen Missbrauchs in den 1980er-Jahren beschuldigt. Lewis spielte in Polanskis Film „Piraten“ von 1986 eine Nebenrolle. Sie war zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alt gewesen. Polanski wies die Vorwürfe stets zurück.
Wegen Polanskis nachgeschobener und zynisch-harter Kommentare in dieser Causa muss er sich nun (nochmals) vor Gericht verantworten. Genau wie Herausgeberin des Magazins „Paris Match“, in dem das Interview Ende 2019 erschien. Zum Prozessauftakt blieb der Regisseur dem Gerichtssaal fern.
Polanski verwies in dem Promi-Blatt seinerzeit auf widersprüchliche Aussagen von Charlotte Lewis, welche die Vorwürfe gegen ihn infrage stellen würden. Demnach hätte Lewis in einem anderen Interview gesagt, dass sie nicht mehr genau sagen könnte, mit wie vielen Männern sie bereits als 14-Jährige gegen Geld Sex gehabt hätte. Weiterhin wäre sie von Polanski fasziniert gewesen und wollte seine Liebhaberin werden.
„Die grundlegende Eigenschaft eines guten Lügners ist ein ausgezeichnetes Gedächtnis“, sagte Polanski dem Blatt. „Charlotte Lewis wird immer in der Liste meiner Anklägerinnen aufgeführt, ohne je auf diese Widersprüche hinzuweisen.“
Lewis wiederum sagte zu dem von Polanski ins Felde geführte Interview, zahlreiche Zitate von ihr wären missverständlich und nicht exakt formuliert gewesen. Der Zeitung „Le Parisien“ sagt Lewis nun, dass bereits es bereits im Jahr 2010 eine Verleumdungskampagne gegen sie gegeben hätte.
Sie hätte jeden Tag darunter gelitten. Eine aktuelle Verurteilung Polanskis sei für sie nun „so etwas wie Gerechtigkeit“.