Idles
„Tangk“
Partisan/PIAS (VÖ: 16.2.)
Post-Punk-Oden an die Freude aus Bristol
„I’m a smart man/ But I’m dumb for you!“, verspricht Joe Talbot kreischend. Der Sänger der Idles ist eine Mischung aus wild gewordenem Sozialarbeiter und Punkrock-Berserker. Einer, der den Zornigen und Frustrierten eine Stimme gibt, wenn er einem mit seiner Band einen brachialen Mix aus Post-Punk, Hardcore und Revolte um die Ohren haut. Hinter dem Lärm lauern aber Zärtlichkeit und Humanismus, und hinter den grimmigen Monstern aus verzerrt-dröhnenden monotonen Akkorden und spröd-sperrigen Beats etwa von „Roy“ verstecken sich Lieder voller Liebe. Jemand hat sich die Mühe gemacht, nachzuzählen: Auf dem neuen Idles-Album fällt in 40 Minuten 29mal das Wort „love“.
Lovesongs der etwas anderen Art
Es sind aber Lovesongs der etwas anderen Art, die sich hier zwischen Tape-Loops und Fuzzgitarren Platz verschaffen. Der Song „Pop Pop Pop“ zum Beispiel ist eine Art politisches Manifest, das die Idee fortsetzt, die bereits 2018 dem Idles-Album „Joy As An Act Of Resistance“ den Titel gab: Talbot erfindet nämlich das deutsche Wort „Freudenfreude“ als Gegenentwurf zu „Schadenfreude“ – als eine Waffe gegen eine Welt, die alles kontrollieren will: „Freudenfreude! Badabing!“
Nach einem hollywoodreifen Streicher-Intro dekonstruiert später „Dancer“ mit einem fiesen Stakkato und der Unterstützung von Nancy Whang und James Murphy (LCD Soundsystem) Irving Berlins „Cheek To Cheek“. Und trotz der Liebesschwüre im Refrain von „Hall & Oates“ klingt auch dieser Song kein bisschen nach Romantik. „It feels like Hall & Oates is playing in my ear/ Every time my man’s near.“ Und immer noch finden die Idles an Great Britain gar nichts great. „Jungle“ oder „Monolith“ (das mit einem Saxofonsolo endet) sind politisch aufgeladen. Und immer wieder wird die Liebe zur Chiffre des Widerstands gegen das herrschende System, etwa wenn Talbot in „Grace“ davon träumt, anmutig und rein zu sein, und skandiert: „No god/ No king/ I said love is the thing!“