ROLLING STONE hat gewählt: Die 500 besten Alben aller Zeiten

Der deutsche ROLLING STONE hat ein neues Ranking der 500 besten Alben aller Zeiten aufgestellt

Hunderte Ausgaben des Rolling Stone sind erschienen, seit wir zuletzt im November 2004 die berühmt-berüchtigte Frage nach den größten Alben der Pop-Geschichte stellten. Es war das Jahr, in dem Kanye West, Arcade Fire und Joanna Newsom ihre Debüts veröffentlichten – Künstler:innen, die die folgenden zwei Dekaden entscheidend mitprägen sollten. Aber es sind nicht nur die seit unserer letzten Umfrage veröffentlichten Alben, die unsere aktuelle Liste, für die wir 135 Künstler:innen, Labelbetreiber:innen, Promoter:innen, Kolleg:innen aus dem Rundfunk und Musikkritiker:innen um ihre Bestenlisten gebeten haben, von der damaligen unterscheiden.

Auch der Blick auf die Geschichte hat sich durch die Themen und identitätspolitischen Diskurse unserer Zeit verändert. War die Top Ten 2004 noch ausschließlich von weißen männlichen Künstlern besetzt, finden sich nun Marvin Gaye, Patti Smith, Fleetwood Mac und Amy Winehouse auf den vorderen Plätzen. „Blonde On Blonde“ von Bob Dylan, 2004 noch auf Platz 1, ist auf den 8. Platz gefallen. Den dramatischsten Absturz legten allerdings überraschenderweise die Rolling Stones hin. 2004 noch mit zwei Alben in den Top 20, tauchen sie nun zum ersten Mal auf Platz 51 auf. Die Steinzeit scheint vorbei zu sein.

500

Beastie Boys

Paul’s Boutique

Capitol, 1989

Auf die Bubenstreiche von „Licensed To Ill“, unter Anleitung von Fähnleinführer Rick Rubin, folgte die Neuerfindung als Wortakrobaten und Überhipster, im Team mit den Sample-Meistern The Dust Brothers. „Shake Your Rump“ zeigt den Vorsprung der Beasties vor dem Rest der Welt.

499

Elvis Costello

My Aim Is True

Stiff, 1977

Dass Nick Lowe es geschafft hat, Gift und Galle dieses Debütanten mit einer in London gestrandeten Westcoast-Band (Clover) zu verheiraten, bleibt ein großes Low-Budget-Wunder. Die Anmutung war Punk. Stücke wie „Red Shoes“ und „Alison“ waren die Visitenkarten eines Top-Songwriters.

498

Os Mutantes

Os Mutantes

Polydor, 1968

Ende der Sixties spielten Os Mutantes als Teil der Tropicália-Bewegung eine mutig aktive Rolle im Kampf gegen die brasilianische Militärdiktatur. Drei Jahrzehnte später inspirierte der farbenfrohe Rasselbanden-Sound ihrer Debüt-LP die Lo-Fi-Ästhetik von Beck und Konsorten.

497

Live

Throwing Copper

Radioactive, 1994

Selling the drama: Das konnte Ed Kowalczyk! Auf dem dritten Album von Live gehen mächtige Melodien, sehnsüchtige Texte und inbrünstiger Gesang eine unwiderstehliche Verbindung ein. Pathos? Na klar! In College-Rock-Hits wie „I Alone“ war es aber nie Selbstzweck.

496

Vampire Wbill witherseekend

Vampire Weekend

XL, 2008

Reiche New Yorker inszenieren sich als noch reichere New Yorker, mischen europäischen Barock, westafrikanische Gitarrenmusik und kalifornischen Surf-Pop und singen über Feinheiten der englischen Grammatik. Kulturelle Aneignung, done right, kann magisch sein.

495

Meat Loaf

Bat Out Of Hell

Cleveland Intl./Epic, 1977

Dem Produzenten Jim Steinman und der Urgewalt Meat Loaf gelang ein makelloses Album, das Pop, Operette und Rock-Spektakel zugleich war, mit sensationellem Spannungsbogen. Alle Sehnsüchte der Jugend, all der Herzschmerz und die Verzweiflung, eingefangen in Bombast-Hits für die Ewigkeit.

494

Le Tigre

Feminist Sweepstakes

Mr. Lady, 2001

„Feminist, we’re calling you/ Please report to the front desk.“ Gern, dabei schreien wir großartige Slogans über den Fuzz-Punk-Elektronik-Teppich dieser erwachsenen Riot Grrls und grooven zum (extra dafür produzierten) Lesbenbar-Tanzhit „Dyke March 2001“. Resist!

493

AC/DC

Let There Be Rock

Albert, 1977

Das vierte Album von AC/DC ist ein Mittelfinger in Richtung ihres unkooperativen US-Labels Atlantic. Von Erfolgstourneen in Europa und England heiß gespielt, betet die Band einen Riff-Rosenkranz mit Hits wie „Whole Lotta Rosie“ und dem Titeltrack herunter.

492

Jens Friebe

Vorher Nachher Bilder

ZickZack, 2004

Plötzlich war da ein deutschsprachiger Songwriter, der präzise beobachten, Emotionen sprachlich fassen und Melodien schreiben konnte. Jens Friebe konnte klug sein, ohne dabei grüblerisch rüberzukommen. Mit seinem Debüt läutete er die Post-Hamburger-Schule-Zeit ein.

491

The Postal Service

Give Up

Sub Pop, 2003

Was als Fingerübung für nebenbei gedacht war, wurde zu einem stilprägenden Album: Death-Cab-For-Cutie-Sänger Ben Gibbard und Elektronik-Tüftler Jimmy Tamborello verbanden digitale Glitches, Beeps und Boops mit Indie-Pop-Songwriting. Die Computer erwachten zum Leben.

490

R.E.M.

Up

(Warner, 1998)

Nach „Murmur“ und „Green“ war das elfte Album so etwas wie das dritte Debüt von R.E.M., nun als Trio. Ein zerschossenes, fragiles und genau deshalb so berührendes Werk voll zauberhafter Höhepunkte – von der Liebesballade „At My Most Beautiful“ bis zur Hymne „Walk Unafraid“.

489

Eric B. & Rakim

Paid In Full

Island, 1987

Ein großer Wurf der Neuen Schule des Mittachtziger-HipHop. Im Studio von Marley Marl entstehen symphonische Sounds. DJ Eric B. ist für die handgemachten Scratches verantwortlich, über die MC und Internal-Rhyme-Erfinder Rakim seinen ambitionierten Rhyme-Flow legt.

488

Kendrick Lamar

Damn

(TDE, 2017)

Das Gegenteil zum Jazz-Rap und Social Commentary von „To Pimp A Butterfly“: harter Trap, industrielle Sounds, Tracks für die Tanzfläche und zum Aufdrehen des Autoradios. Kein Kendrick-Song wird auf Konzerten vehementer mitgerappt als der Piano-Banger „Humble“.

487

Johnny Cash

At Folsom Prison

Columbia, 1968

Den Man in Black, der zur Legende wurde, brachte Johnny Cash erstmals im Folsom State Prison konsequent auf die Bühne. Sein Repertoire-Kalkül verschwindet im Angesicht der Knastkulisse hinter einer Performance aus Zuckerbrot und Peitsche.

486

Phoenix

United

Astralwerks, 2000

College-Rock wie aus einer John-Hughes-Dramedy, Retro-Pop, wie er Anfang des Jahrtausends die Welt verzauberte. Vier schluffige Franzosen feiern mit ihrem Debüt die ewige Jugend („Too Young“), aber auch Herzschmerz, der natürlich nie enden wird („If I Ever Feel Better“).

485

Led Zeppelin

Houses Of The Holy

Atlantic, 1973

Zwischen den Monsterplatten „IV“ und „Physical Graffiti“ liegt Led Zeppelins schönstes und lustigstes Album. Folk-Epen („The Rain Song“) und Psych-Rock („No Quarter“) treffen auf überkandidelten Funk („The Crunge“) und Reggae-Ulk („D’yer Mak’er“).

484

Ezra Furman

Perpetual Motion People

(Bella Union, 2015)

Mit seinem dritten Studioalbum wuchs Ezra Furman in die Rolle als Solokünstler:in hinein. Diese Art der Rockmusik kommt ohne Klischees aus, und doch geht es ganz klassisch um Aufbrüche und Ausbrüche. Zorn und Verwirrung entladen sich in grandiosem Rabatz.

483

Bunny Wailer

Blackheart Man

Island, 1976

Der 2021 verstorbene Neville O’Riley Livingston lieferte ein frühes Meisterwerk, das parallel zu „Exodus“ von Kumpel Bob Marley erschien. All-Star-Besetzung mit Peter Tosh, die Wailers als Rhythmussektion. Marihuana, Gospel und Jamaika-Classics.

482

Robyn

Robyn

Konichiwa, 2005

Mitte zwanzig und bei einem Major-Label, sollte Robyn die schwedische Britney Spears werden. Wollte sie aber nicht. Sie kaufte sich frei, kontaktierte die Avant-Pop-Exzentriker The Knife und machte diese wegweisende Synth-Platte, die Indie-Electro in den Pop brachte – und umgekehrt.

481

Elastica

Elastica

DGC, 1995

Während andere Britpop-Acts die Sixties plünderten, initiierten Elastica ein monochrom-minimalistisches Post-Punk-Revival, das von London bis Brooklyn nie wieder ganz aus der Mode kommen sollte. Dass Wire und The Stranglers daran kräftig mitverdienten, war nur gerecht.

480

The Velvet Underground

White Light/White Heat

Verve, 1968

Lou Reed ließ seine Pop-Ambitionen auf dem zweiten Album endgültig hinter sich. Der Einfluss des Avantgardisten John Cale wuchs. Die Texte wurden (inspiriert von William S. Burroughs) expliziter, alles klang rau und verzerrt. Die Geburt des Punk.

479

The Monks

Black Monk Time

Polydor, 1966

Die irrste und visionärste Band in der deutschen Beatmusik. Fünf G.I.s, die hier hängen geblieben sind und mit repetitiv-primitivistischem Krach alles vorwegnehmen, was später bedrohlich und lustig erscheinen wird, von The Velvet Underground bis zu The Fall.

478

Kraftwerk

Radio-Aktivität

Kling Klang, 1975

Alle sagten: AKW, nee. Kraftwerk sagten: „Radio-Aktivität“, Fritz Lang, Zukunftsglauben, Future-Denken, Elektronik. Auf dem Cover der Volksempfänger. Auch das sollte schrappeln. Gegen den Strich, und trotzdem mussten es alle hören, auch die in den Wollpullis. Jeder!

477

Sleater-Kinney

Dig Me Out

Kill Rock Stars, 1997

Die neue Schlagzeugerin Janet Weiss gab den Songs der als Paar frisch getrennten Carrie Brownstein und Corin Tucker mehr Wucht und Struktur und ließ die dritte Sleater-Kinney-Platte wie ein großes Rock-Album klingen, das in den Texten zugleich alle Rock-Klischees dekonstruierte.

476

Daft Punk

Discovery

Virgin, 2001

Ein Pionier der Retromania: Daft Punk paarten EDM mit John Paul Youngs „Love Is In The Air“, Future Pop mit City Pop sowie House mit Hardrock der Siebziger, den wir später Yacht Rock nennen würden und der von dem Duo schon Anfang des Jahrtausends wieder cool gemacht wurde.

475

Bilderbuch

Schick Schock

Maschin, 2015

Dieses Album war das Gegenprogramm zum verschwitzten, bierseligen Austro-Rock von Wanda. Funk und Disco, Pop und HipHop, Dekadenz und Style, Falco und Prince. Und die Single „Maschin“ war das größte Monster, das es je über die Radiowellen auf diese Seite der Alpen schaffte.

474

Supertramp

Crime Of The Century

A&M, 1974

Das Album, das Supertramp berühmt machte. Rick Davies und Roger Hodgson hatten je vier Songs für die Platte geschrieben, aber unter Hodgsons Beiträgen sind „School“ und „Dreamer“. Davies’ „Rudy“ und „Bloody Well Right“ muten dagegen, well, etwas bieder an.

473

Chet Baker

Chet Baker Sings

Pacific Jazz, 1954

Die Platte, die jeder Balladensänger und jeder Trompeter machen wollte. Chet Baker sah unverschämt gut aus und sang Songs von Jimmy Van Heusen, Jerome Kern und Frank Loesser, vor allem aber „My Funny Valentine“, „I Fall In Love Too Easily“ und „The Thrill Is Gone“.

472

No Doubt

Tragic Kingdom

Trauma, 1996

Das Album mit „Don’t Speak“ und „Just A Girl“, aber Gwen Stefanis Band hatte mehr drauf als nur diese zwei Hits. Ihre ziemlich kalifornische Mischung aus Pop, Rock und Ska zog damals einige ähnliche Bands nach, doch keine war so perfekt auf den Punkt wie No Doubt.

471

Led Zeppelin

Physical Graffiti

Swan Song, 1975

Es sollte ihr „Sgt. Pepper“ werden. Acht neue Songs, darunter ihr Meisterwerk „Kashmir“, und Leftovers aus vergangenen Sessions füllen ein kunstvoll verpacktes Doppelalbum, das den überflüssigen Beweis antritt, Rock als Kunstform ernst zu nehmen.

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