Depeche Mode und „Violator“: Gute-Nacht-Gebete für die Ewigkeit

Würde „Violator“ 2024 erstmals veröffentlicht werden, könnte es die Produktion mit allen anderen des Jahres aufnehmen.

Violator (1990)

„Personal Jesus“ ist das wohl bekannteste Lied des Techno-Blues: Ein nie zuvor gehörter, militärisch anmutender Drumbeat (der Legende nach hat die Band den Klang erfunden, als sie auf Koffern herumgesprungen ist), über den eine Cowboy-Gitarre gelegt wird, während Dave Gahan über die falschen Versprechungen von Telefonseelsorgern singt. Im dazugehörigen Clip ritten die Musiker auf Pferden durch eine Westernstadt voller Huren. Die Diskographie der Band enthielt ja seit 1981 einige Aufsehen erregende Singles. Am Ende des Jahrzehnts legten sie nun noch schnell ihre bislang mutigste vor.

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Der Opener „World In My Eyes“ folgte dem Muster des anderen großen DM-Eröffnungsstücks, „Never Let Me Down Again“ aus „Music For The Masses“ (1987): Die bombastische Beschwörung einer Person, sich auf eine gemeinsame, spirituelle Reise zu begeben. Beide Lieder waren groß wie Gebirgsketten und die Band clever genug, dies in der Album-Konfiguration zu berücksichtigen. Auf keiner Platte hätte Track Nummer zwei solche Monumente toppen können, Martin Gore nimmt als Vokalist in „The Sweetest Perfection“ daher die Luft raus; es ist einer jener langsamen Songs, die Aufmerksamkeit für Details abverlangen. Sein zweites Lied auf der Platte, „Blue Dress“, ist noch schöner. Walgesang mit Westerngitarre in Zeitlupe, und alles dreht sich nur um den simplen Wunsch, dass die Angebetete ein ganz bestimmtes Kleid trägt.

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„Enjoy The Silence“ ist ihr bis heute beliebtestes Stück, ein Gute-Nacht-Gebet mit House-Beat. Auch das Video mit Dave Gahan als einsam wandernder Landschaftskönig wurde hundertfach kopiert. Angeblich hatte Gore ursprünglich geplant, das Lied von ihm gesungen und nur mit dem Harmonium begleitet herauszubringen. Arrangeur Alan Wilder hatte sich das angehört und Gore dann gebeten, etwas mit dessen Version anstellen zu dürfen. Der Rest ist Geschichte.

Das Klangbild des Albums ist heute noch so frisch wie damals. Depeche Mode widerstanden allen Trends: House, Acid, Rave. Wer „Violator“ 1990 auflegte, genoss eine hochmoderne Platte. Wenn man sie 1994 auflegte, hörten die Songs sich immer noch zeitlos an. Wer das Album 2001 entdeckte, könnte schon nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, wann sie erschienen war, so einzigartig klang sie. Würde „Violator“ 2024 erstmals veröffentlicht werden, könnte es die Produktion mit allen anderen des Jahres aufnehmen.

Für ein teil-elektronisches Album eine unfassbare Leistung.

Wir berichteten zuletzt:

Das „Billboard“-Magazin hat für den August 2023 die aktuelle „Boxscore“-Liste veröffentlicht, die die profitabelsten Tourneen und Einzel-Konzerte des letzten Monats kürt. Während Beyoncé  wie im Juli wieder die Eins belegt, schaffen es Depeche Mode mit ihrer „Memento Mori“-Tournee im August immerhin auf Platz 13.

Die englische Synth-Rock-Gruppe tourt seit Frühjahr 2023 durch Europa und wird die 113 internationalen Shows voraussichtlich im April 2024 abschließen. Bei ihren neun Konzerten im August 2023 erreichten Depeche Mode in den USA ein Einspielergebnis von 12,7 Millionen US-Dollar (knapp 12 Millionen Euro), verteilt auf insgesamt 137.000 Zuschauer:innen. Damit liegen sie knapp über der Rockband Phish, die auf ihren 7 Shows 12,5 Millionen US-Dollar (etwa 11,7 Millionen Euro) einspielte.

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Bereits im Juli verzeichnete die „Boxscore“-Liste zwei Konzerte der Band – und das sogar in Deutschland. Aus den beiden Depeche-Mode-Auftritten im Berliner Olympiastadion erbrachten die Ticketverkäufe 14, 5 Millionen Dollar (rund 13,5 Millionen Euro). Insgesamt 142.000 Menschen sollen die Band live gesehen haben. Zum Vergleich: Die insgesamt 91.000 Besucher auf Harry Styles‘ Doppel-Shows im Deutsche Bank Park von Frankfurt erbrachten 9,9 Millionen Dollar (rund 9,1 Millionen Euro).

Beyoncé knackte dagegen im Juli den Rekord für das höchste Einspielergebnis eines Monats in der Geschichte der „Billboard-Boxscore-Liste“ (seit 1985). Und auch im August behielt Queen Bey mit ihrer „Renaissance World Tour“ den ersten Platz der Top-Tourneen. Laut dem US-amerikanischen Magazin spielte Beyoncé mit ihren 14 Shows im letzten Monat 179,3 Millionen Dollar (etwa 169 Millionen Euro) ein. Damit behält die „Halo“-Sängerin einen deutlichen Abstand zu den restlichen Rängen. Pink verzeichnete vergleichsweise auf ihren 15 Konzerten Einnahmen von 68,6 Millionen Dollar (knapp 65 Millionen Euro) und belegt den zweiten Platz der „Boxscore“-Liste.

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Das „Billboard“-Magazin veröffentlichte außerdem die „Top Venues“-Liste, die die profitabelsten Spielstätten aufzeigt. Den ersten Platz belegt der New Yorker Madison Square Garden, der im August 27,8 Millionen US-Dollar (26,2 Millionen Euro) einnahm. Die Crypto.com Arena in Los Angeles wird mit einem Einspielergebnis von 24 Millionen Dollar (22,6 Millionen Euro) zweiter und das Kia Forum im kalifornischen Inglewood zeigt sich mit 22,1 Millionen US-Dollar (20,8 Millionen Euro) auf dem dritten Rang. Während das Berliner Olympiastadion im Juli noch Platz vier des Rankings belegt, ist es in diesem Monat nicht mehr auf der Liste verzeichnet.

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