Die 500 besten Alben aller Zeiten: Plätze 5 und 4
Sehen Sie hier die Plätze 5 und 4 unserer 500 besten Alben aller Zeiten.
Platz 5: Fleetwood Mac mit „Rumours“ (1977)
An „Rumours“ kam damals selbst die hiesige Intelligenzija nicht vorbei. So erkannte die von Hans Magnus Enzensberger herausgegebene Zeitschrift „Kursbuch“ in ihrer „Jugend“-Ausgabe nach der erwartbaren Mäkelei über zu viel US-Politur ohne echten Tiefgang immerhin „modernen Pop-Realismus“. Dabei war es ja genau andersherum, und genau das war die Kunst der Band: Fleetwood Mac verwandelten „Trauma, Trauma“ (Christine McVie) in radiofreundliche Begleitung für den Alltag, ohne dessen dunklen Kern zu verleugnen.
Denn die Realität bestand für das untereinander oft stumme Quintett zu diesem Zeitpunkt darin, ihr Beziehungschaos in und über ihre Musik zu verhandeln, gefüttert auch von nicht unbedingt den Realitätssinn stärkenden Koks-Linien, die von Kalifornien bis Alaska gereicht haben dürften.
Auf dem Cover posieren Mick Fleetwood und Stevie Nicks. Doch trotz „Dreams“ (ihrer einzigen US-Nummer-eins) ist „Rumours“ vor allem das Album von Lindsey Buckingham, der schon die Vorabsingle „Go Your Own Way“ mit einem Trademark-Solo antrieb und stets seine Vision des perfekten Pop vor Augen hatte.
Und nicht zuletzt das der wunderbaren Christine McVie, die ihren Ex bespöttelte („You Make Loving Fun“), den Chef in sanftem Sarkasmus badete („Oh Daddy“), zwischendurch einen Liebesstrahl wie von einem anderen Stern schickte („Songbird“) und mit „Don’t Stop“ sogar noch Luft für ein bisschen Zukunft hatte.
Die Kritik erklärte „Rumours“ schon 1977 weitestgehend zum Klassiker, und der wurde das Album dann auch. Nur Robert Hilburn („L.A. Times“) hörte eine „frustratingly uneven“ Platte. Vermutlich hatte er zu viel Adorno gelesen.
Jörg Feyer
Platz 4: Nirvana mit „Nevermind“ (1991)
Als im Spätsommer 1991 zunächst Metallica ihr „Black Album“ und Guns N’ Roses das Geschwisterplattenduo „Use Your Illusion“ veröffentlichen, reibt sich die Musikpresse ob des erwarteten Gigantenkampfs zwischen Heavy Metal und Hardrock bereits die Hände. Dass letztlich „Nevermind“, das am 24. September veröffentlichte zweite Album eines Underdog-Trios aus dem Bundesstaat Washington, diejenige Platte ist, die die Musiklandschaft revolutionieren, die Gitarrenmusik um den Genrebegriff „Grunge“ erweitern und weltweit die Charts dominieren wird, ahnt damals noch nicht mal die Band selbst.
Was wohl auch der eklatante Unterschied zum bis dahin vorherrschenden Rockstar-Lebensentwurf ist: Nirvana wollten nie primär berühmt werden, sondern einfach nur ihr Ding machen. Und das ist im Falle von „Nevermind“ die dynamisch wilde Vision, Punk und harten Rock mit der Melodieverliebtheit der Beatles zu kreuzen.
Mit Dave Grohl als Schlagzeuger- Neubesetzung, einem Major-Label im Rücken und Butch Vig am Neve-Pult navigiert Kurt Cobain – Sänger, Gitarrist, Songschreiber und künftiger Alternative- Rock-Antiheld – sensibel und krawallig zugleich durch einen Emotionssturm aus introspektiven Texten und ergreifenden Hooks.
„Smells Like Teen Spirit“ gerät zur ersten Single-Hymne der Generation Grunge. Es folgen drei weitere („Come As You Are“, „Lithium“, „In Bloom“). Dabei darf man ruhigere Deep Cuts wie „Polly“ oder „Something In The Way“ keineswegs unterschlagen. Den anfangs vom Label erhofften Absatz von 250.000 Einheiten hat „Nevermind“ gleich hundertfach übertroffen.
Frank Thiessies