Die 500 besten Alben aller Zeiten: Plätze 7 und 6
Sehen Sie hier die Plätze 7 und 6 unserer 500 besten Alben aller Zeiten.
Platz 7: The Beatles mit „The Beatles“ (1968)
Alles ist weiß: das Cover. Das Rauschen. Das Gewand von Maharishi Mahesh Yogi. Der Bobtail von Paul McCartney, „Martha“. Die Zähne von Mia Farrows Schwester Prudence, die – nicht nur im übertragenen Sinne – drinnen, in ihrer Depression bleibt, statt rauszukommen, obwohl John sie so nett bittet: „Won’t you come out to play/ Greet the brand new day?“ Die Beatles sind auf dem Cover ihres 1968er-Albums nicht mehr zu sehen, nicht mal mehr, wie eine Platte zuvor, in Blaskapellen-Verkleidung.
Vier Entitäten auf der Höhe ihres musikalischen Schaffens, die sich derart gut kennen, dass sie auch solo performen können, wie Paul (with a little help from Ringo) bei „Why Don’t We Do It In The Road?“, wie John beim Liebeslied für seine Mutter, „Julia“, über deren Verlusttrauma er sich erst mit Yoko Onos Hilfe bewusst wurde: „When I cannot sing my heart/ I can only speak my mind.“
So klingen die Beatles, wenn man sie komplett loslässt – die Unterschiede ihrer persönlichen, sozialen und musikalischen Identitäten sind deutlich. Ihre Bandbreite (auf Analogbändern) ist unermesslich, ihr Ideenreichtum bodenlos, ihr Sound innovativ. Und zuweilen vergessen sie, was gewesen ist, und grooven wie früher: „If I ain’t dead already/ Girl, you know the reason why.“
Jenni Zylka
Platz 6: The Beach Boys mit „Pet Sounds“ (1966)
„We’ve evolved 800 percent in the last year“, hatte Brian Wilson errechnet. Tatsächlich konnte der Evolutionssprung von „Barbara Ann“ zu „Good Vibrations“ binnen eines knappen Jahres nicht gewaltiger sein. Und dazwischen lag sein Opus magnum, ein Beach-Boys-Album, das mehr war als die Summe von Hitsingles. Ein künstlerisches Statement, hochambitioniert, über Monate ertüftelt und perfektioniert vom begnadeten Musikus.
Kein radikaler Bruch mit der Bandtradition allerdings, denn das größte Pfund, mit dem Brian zu wuchern verstand, blieb die überragende Gesangsleistung des Quintetts. Auf den Schwingen dieser Harmonies treffen seine Songs sicher ihr Ziel, nicht konzeptionell befrachtet und doch klug eingebunden in den Rahmen eines Gesamtwerks.
Eingangs bekennt sich „Wouldn’t It Be Nice“ zu unkeuschen Träumen, verschiebt deren Erfüllung aber auf ein späteres Ehegelöbnis. Das Plädoyer für jugendliche Enthaltsamkeit schoss in die US-Single-Charts, während im UK die Rückseite reüssierte, ein feierlicher Liebesschwur für die Ewigkeit: „God Only Knows“.
Soulsearching betreibt der von Selbstzweifeln geplagte Songwriter auf „I Just Wasn’t Made For These Times“, das melodisch robust gesponnene Seemannsgarn „Sloop John B“ erschien manchem Fan indes eher als Fremdkörper auf einer LP, deren Rezeptionsgeschichte ohnehin alles andere als linear verlief. „Pet Sounds“ hatte zwar von Anfang an begeisterte Fürsprecher, darunter auch etliche Musikerkollegen, aber Brian Wilson musste Jahre warten, bis sein Geniestreich auch in Kritikerkanons endlich die gebührende Anerkennung fand.
Wolfang Doebeling