Zum Tod von Robbie Robertson: Ein Meister seines Fachs
Der „Road Warrior" und „Mythenbildner" des US-Rocks verstirbt mit 80 Jahren an der Westcoast
Der kanadische Gitarrist und Songwriter Robbie Robertson ist tot. Er verstarb am Mittwoch (9. August) nach längerer Krankheit im Alter von 80 Jahren in Los Angeles. Als „Road Warrior“ bezeichnet ihn das US-Branchenblatt „Billboard“.
Bereits in der Prä-Rock-Ära tingelt Robertson Ende der 1950er mit lokalen Bands durch seine Heimatstadt Toronto. Zu Beginn der Sixties wird er für einige Zeit festes Bandmitglied bei The Hawks um Folk-Crooner Ronnie Hawkins.
Ein Mann, der in den späten 1960er Jahren im goldenen Zeitalter des Rock in der Dylan-Begleitband The Band die Fäden zieht. Dylan installiert The Band bekanntlich ab 1965/66 als zeitweilige, feste Begleitband – nach dem „Stromgitarren-Sündenfall“ beim Newport Folk Festival 1965, als sich Dylan unter dem Furor des Folk-Publikums vom akustischen Geklampfe seiner Frühzeit verabschiedet. Für das legendäre 1968er-Dylan-und-Co-Album „Music from Big Pink“ schreibt er den Großteil der Songs.
Robertson avanciert zum ersten Ansprechpartner für die (Musik-)Dokfilme von Regisseur und Promi-Fan Martin Scorsese, für den am Score feilt. Etwa im The-Band-Abschiedsfilm „The Last Waltz“.
Ab der zweiten Hälfte der Achtziger folgen in Fachkreisen überaus geschätzte Soloalben wie „Robbie Robertson“ (1987) oder „Storyville“ (1991).
Dabei entwickelte sich der in Toronto geborene Robertson als Sohn eines jüdischen Vaters und einer Native American vom Stamm der Mohawk immer mehr zum schillernden Geschichtenerzähler. Wiederum der „Billboard“ nennt ihn einen „Mythenbildner“ der US-Rockgeschichte.
Das beweist Robertson nicht nur in der The-Band-Dokumentation „Once Were Brothers“ oder im Jahr 2016 in seinen Buch-Erinnerungen „Testimony: A Memoir“.
Für Martin Scorsese übernimmt er weitere Filmscore, etwa für das Pool-Billiard-Drama „The Color of Money“ mit Paul Newman und Tom Cruise im Flanellhemd.
Kein Wunder also, dass die New Yorker Regielegende Martin Scorsese einer der ersten ist, die Robertson kondolieren: „Ich konnte mich immer an ihn wenden, als Vertrauter. Ein enger Arbeitspartner und kongenialer Berater, schreibt „Marty“ per Internet.
„Ich habe versucht, das Gleiche auch für ihn zu sein. Lange bevor wir uns kennenlernten, spielte seine Musik eine zentrale Rolle in meinem Leben. Für mich und Millionen und Abermillionen anderer Menschen auf dieser Welt. Die Musik der Band und Robbies eigene spätere Solomusik schienen aus dem tiefsten Herzen dieses Kontinents zu kommen, aus seinen Traditionen, Tragödien und Freuden. Es versteht sich von selbst, dass er ein Gigant war, dass sein Einfluss auf die Kunstform tiefgreifend und dauerhaft war. Man kann nie genug Zeit mit jemandem verbringen, den man liebt. Und ich habe Robbie geliebt!“
Funfact aus der Perspektive der alten Bundesrepublik: Auch die legendäre ZDF-Schlagersendung „Hitparade“ des Berliner Schnellsprecher Dieter-Thomas Heck ist mit Robertson verbunden. Der von ihm geschriebene Lagerfeuer-Klassiker „The Night They Drove Old Dixie Down“ (erschienen 1969 auf dem Album „The Band“) feiert erst via Joan Baez riesengroße Erfolge. Für Folk-Ikone Baez der One and Only Top-Ten-Hit in den USA. In der Bundesrepublik wird der eingängige Track etwas später als „Am Tag, als Conny Kramer starb“ von der Hippie-Schlagerkönigin Juliane Werding im Olympia-Jahr 1972 zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen weltbekannt.