Gunter Blank geht essen: Wie man guten Pfeffer erkennt
Wo schlicht „Pfefer“ draufsteht, ist nicht immer auch Pfeffer drin – durchaus zum Vorteil der internationalen Geschmacksvielfalt
Nur Salz ist wichtiger. Dahinter behauptet der Pfeffer, zumindest in der westlichen Küche, unangefochten Platz 2 der am häufgsten verwendeten Gewürze. Obwohl vermutlich die Mehrheit der Deutschen Pfefer aus dem Streuer verwendet, haben Pfeffermühlen in vielen Haushalten einen festen Platz. Leider wird dem Inhalt der Mühle nicht immer die gebotene Aufmerksamkeit zuteil. Zwar unterscheiden die meisten zwischen schwarzem, weißem, rotem und grünem Pfeffer – dass es aber eine riesige Sortenvielfalt gibt, wird oft übersehen, zumal viele Kochbuchautoren und sogar mancher Sternekoch in den Rezepten einfach „Pfeffer“ angeben.
Dabei macht es einen gewaltigen Unterschied, ob man etwa schwarzen Malabar, weißen Kampot oder roten Szechuanpfefer nimmt. Nicht zuletzt weil manche Sorten im biologischen Sinne gar keine sind. Der aus Westafrika stammende
hocharomatische Malagueta etwa zählt zu den Ingwergewächsen und verdankt seine Entdeckung dem Versuch der Portugiesen, das Gewürzmonopol der Venezianer zu brechen. Der Betrug mit den „Paradieskörnern“ wurde zwar bald entlarvt, gleichwohl wurden sie irgendwann in die Pfeferfamilie hineinadoptiert. Diese besteht aus den Früchten des Piper nigrum, der Originalpfanze von der Malabarküste in Südwestindien, wo sie bereits seit viertausend Jahren kultiviert wird. In Europa wurde sie erstmals 400 v. Chr. von Hippokrates als Heilmittel und Aphrodisiakum gepriesen.
Am weitesten verbreitet ist der handelsübliche „indische“ schwarze Pfeffer, der heutzutage allerdings überwiegend aus Vietnam stammt
Griechen, Römer und später auch alle anderen Europäer waren regelrecht verrückt nach den teuren Perlen, die von arabischen Nabatäern und jüdischen Radaniten in den Westen gebracht wurden. Heute sind an die zweitausend Arten bekannt, als Gewürz gebräuchlich sind jedoch allenfalls zwei Dutzend. Egal ob Tasmanischer Bergpfefer aus Australien, Kubeben aus Indonesien oder der längliche Mohrenpfeffer aus Westafrika: in ihrem schlicht „Pfefer“ betitelten Kompendium geben Nathalie Pernstich-Amend und Konrad Pernstich über Geschichte, Sorten und Anwendung erschöpfend Auskunft.
Am weitesten verbreitet ist der handelsübliche „indische“ schwarze Pfeffer, der heutzutage allerdings überwiegend aus Vietnam stammt. Gegen den ist nichts einzuwenden, zuverlässig verleiht er Mahlzeiten eine gewisse Schärfe und Würze. Komplexe Aromen indes sind nicht sein Metier. Die finden sich bei den meist nach ihrer Herkunft benannten Edelsorten. Der oft als „Gourmetpfeffer“ angebotene Tellicherry von der Malabarküste etwa besitzt einerseits das klassische indische Geschmacksbild, reift jedoch länger, bekommt einen rötlichen Schimmer und ein sehr viel intensiveres, ganz leicht süßliches Aroma. Er eignet sich vor allem in Schmorgerichten hervorragend als Allrounder.
Noch edler sind die ausgereiften weißen Pfeffer. Im Gegensatz zum unreif geernteten und deshalb sehr milden grünen Pfeffer werden die Früchte erst geerntet, wenn sie tiefrot sind. Danach werden sie entweder traditionell durch Wasserfermentierung und Füßetreten oder mittels Enzymen geschält, bis nur noch der helle Kern übrig bleibt, der durch die Sonnentrocknung noch weiter verblasst. Vor allem der kambodschanische Kampot spielt hier in einer eigenen Liga.
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Ob Maultasche, Steinbutt oder Lamm: sein subtiles sowohl zitrisches als auch erdiges Aroma, verbunden mit seiner sanft den Gaumen reizenden Schärfe, kitzelt aus empfindlichen Gerichten das Maximum an Eigengeschmack heraus. Übertroffen wird er allenfalls noch vom japanischen weißen Sansho, einem Abkömmling des chinesischen Szechuan, die übrigens beide keine Pfefferarten sind, sondern Verwandte der Zitrusfrüchte. Während der Szechuan vor allem durch seine Schärfe beeindruckt, besitzt der Sansho ein milderes, dafür intensiveres Aroma und verleiht nicht nur gebratenen und gedämpften Produkten, sondern auch Suppen, Saucen und Salaten eine unverwechselbare Note. Wie alle Qualitätsprodukte aus Japan ist er ein seltenes Gut, aufwendig in der Herstellung, sündhaft teuer und meist ausverkauft. Glücklich schätze sich deshalb, wer irgendwo ein Döschen davon ergattern kann.