Crucchi Gang
„Fellini“
Universal (VÖ: 26.5.)
Italienisierte Versionen deutscher Indie-Popsongs
Was man so für Ideen an einem geselligen Abend nach einem Bob-Dylan-Konzert haben kann: Francesco Wilking (Die Höchste Eisenbahn), Element-Of-Crime-Kopf Sven Regener und Musikmanagerin Charlotte Goltermann dachten sich die Crucchi Gang aus. Das Konzept: Deutsche Indie-Musiker singen ihre Stücke im Italo-Pop-Gewand, mit viel Amore und Fingerspitzengefühl übersetzt von Halbitaliener und Vollbluthobbylinguist Wilking. Nicht immer eins zu eins, sondern so, dass die Seele des Songs charmant italienisch illuminiert wird.
Fantastico!
Wilking selbst widmet sich auf der zweiten Crucchi-Gang-Platte, „Fellini“ (diesmal ohne Beitrag von Regener), zwei deutschen Klassikern: Aus Joachim Witts „Goldener Reiter“ wird, unterstützt von Marlene Schuen, Sängerin der Südtiroler Band Ganes, das Cappuccinoschaum-Soulpop-Stück „Silberner Reiter“ – weil „Cavaliere d’argento“ einfach attraktiver klingt. Wilking interpretiert auch das Finale: Reinhard Meys „Gute Nacht, Freunde“ verwandelt sich in „Buonanotte amici“, und gendergerecht heißt es auch mal „Buonanotte amiche“, „Gute Nacht, Freundinnen“. Dem Klampfen-Arrangement der Urfassung wurde ein Upgrade spendiert, mit Streichern, Bläsern und Mundharmonika.
„Als du gingst“ von Lina Maly wirkt in der Italo-Pop-Version nicht mehr ganz so berührend wie im Original, und Dirk von Lowtzows Aussprache hat den Charme eines Navigationsgeräts auf dem Weg zum Lago Maggiore. Die Morricone-referenzielle Umsetzung von Tocotronics „Im Zweifel für den Zweifel“ gehört dennoch zu den Höhepunkten der Compilation. Auch Antje Schomakers „Verschwendete Zeit“, „Tempo sprecato“, gewinnt im gediegen-cineastischen Crucchi-Gang-Sound erheblich. „L’altra metà“ bleibt nah am Titeltrack von Tristan Bruschs Album „Am Rest“ (2021): eine düstere Ballade mit dem emotionalen Drama einer Puccini-Oper, aber ganz ohne Opulenzbedarf. Bruschs melancholische Intensität brilliert auch auf Italienisch. Fantastico!