Fettes Brot
„Hitstory“
Groove Attack (VÖ: 10.2.)
Das Beste der Neunziger und die Hits von heute
Dem Rest des deutschsprachigen Sprechgesangvereins waren die Rapper der Hamburger Baumschule immer einen Kalauer voraus – zumindest in den Neunzigern. Fischmob, Deichkind, Fünf Sterne Deluxe, und natürlich Fettes Brot – schon die Namen waren Ansagen. Während der Rödelheimer Moses Pelham Journalisten in S-Klasse-Limousinen abholte, um ihnen bei einem Gläschen Schampus ein neues Album schmackhaft zu machen, scherten sich Fettes Brot nie um ein Reenactment des damals populären Gangsta-Rap.
Leider ist jetzt Schluss mit lustig
Stattdessen gab es Bubenstreiche, wie das im mexikanischen Desperado-Look gehaltene Video zu „Jein“. Sombreros, ausladende Schnurrbärte und die Rapper auf Eseln versöhnten damit, dass die Musik doch ziemlich nach den Fantastischen Vier klang. Dokter Renz, König Boris und Björn Beton waren sich halt für keinen Scheiß zu schade. Das unterschied sie, gerade am Anfang, von den bierernsten Vertretern der reinen HipHop-Lehre um das „MzeeMagazin“.
Leider ist jetzt Schluss mit lustig. Denn die Fetten Brote hören auf, nach dreißig Jahren und einer beachtlichen Anzahl Hits. Die größten finden sich auf „Hitstory“.„Nordisch By Nature“, der erste große Smasher des Trios, ist in einer Version mit Gaze Matratze und den Kumpels Der Tobi & das Bo zu hören. Auf Plattdeutsch werden die Reize des Nordens besungen. Warum der Song ausgeblendet wird? Vielleicht weil man im wortkargen Norden schnell als Schwätzer gilt?
„Emanuela“ war 2005 der Kandidat der Herzen für Stefan Raabs Bundesvision Song Contest. Ein Ohrwurm, zu dem heute noch alle, die genug getrunken haben, auf die Tanzfläche springen, um sich zu spontanen Polonaisen zusammenfinden. Der Höhepunkt des Albums ist erwartungsgemäß „Bettina, zieh dir bitte etwas an“. Der Beatklopft herrlich tight, während das durch Modeselektor verstärkte Trio einen genauen Blick auf ihre zunehmende Impotenz im Angesicht der hypersexualisierten Konsumhölle unserer Gesellschaft wirft