Noga Erez im Videointerview – über Frauen in der elektronischen Musikszene und die richtige Art zu streiten
Wir haben mit der israelischen Musikerin unter anderem darüber gesprochen, warum es so wenig Produzentinnen gibt und wie sie mit ihrer Wut umgeht.
Noga Erez hat in den letzten 365 Tagen mehr als 130 Abende auf der Bühne gestanden. Die Zahl habe sie, wie sie sagt, schockiert. Aber eine Pause einlegen will sie deshalb noch lange nicht. Die israelische Musikerin ist seit ihrem Debütalbum „Off The Radar“ (2017) überhaupt nicht mehr unter dem Radar, stattdessen gab es Europa- und Welttourneen, zahlreiche Auftritte auf großen Festivals wie dem Primavera, Roskilde und Lollapalooza, und die Nachfolgerplatte KIDS (2021). Wir haben uns mit der 32-Jährigen vor ihrem Berlin-Konzert im Heimathafen Neukölln getroffen und unter anderem darüber gesprochen, warum es so wenig Produzentinnen gibt, wie sie mit ihrer Wut umgeht, und warum es so wichtig ist zu lernen, wie man richtig streitet.
Schaut Euch das Video-Interview hier an:
Gemeinsam mit ihrem kreativen (und Lebens-) Partner Ori Rousso hat Noga Erez einen Sound kreiert, der treibende Beats und elektronische Klangcollagen mit drängendem Rap und Sprechgesang verknüpft. Ein bisschen Billie Eilish, ein bisschen M.I.A., manchmal sogar ein bisschen Gorillaz. In ihren Songs besingt die 32-Jährige nicht selten das politische Weltgeschehen, wie etwa die Auswirkungen des Nahost-Konflikt auf die israelische und palästinensische Bevölkerung. Als Palästinenser:innen im Jahr 2018 Branddrachen auf dem Gaza-Streifen einsetzten, um israelische Felder und Naturschutzgebiete zu verbrennen, sang Noga Erez zwei Jahre später: „We don’t need bombs we got fire kites“ – wer braucht schon Bomben, wenn man auch Branddrachen nehmen kann. Nachdem die Coronavirus-Pandemie im Jahr 2020 die Welt zum Stillstand brachte, schrieben Erez und Rousso den Song „NO News On TV“, ein kleiner Glückstropfen in einer düsteren Zeit, in dem sie sich die Frage stellten, wie die Welt wohl aussehen würde, wenn es keine schlechten Nachrichten gäbe: kein Krieg, kein Virus, kein Klimawandel.
In unserem Gespräch zeigt sich Erez als reflektierte und ehrliche Person, die vor Konfrontationen nicht zurückscheut. Sie habe eine Therapie gemacht, um ihre Aggressionsprobleme anzugehen, erklärt sie an einer Stelle. Später antwortet sie auf die Frage, wie sie und ihr Partner es schaffen würden, sich nicht ständig auf die Nerven zu gehen wenn man sich 24/7 sieht, mit den Worten: „Wir schaffen es nicht. Wir streiten uns sehr viel.“ Doch auch wenn Wut und teilweise sogar Aggression eine große Rolle in ihrer Musik spielen, scheinen Hoffnung und Humor ebenso viel durch. „Ich würde mich selbst als optimistische Person beschreiben“, sagt sie im Interview und schreit kurz darauf „ICH BIN KEIN WÜTENDER MENSCH“ in die Kamera. Über sich selbst lachen zu können, muss gelernt sein. Noga Erez kann es.
Hört Euch jetzt die neue Single-Version „NAILS“ von Noga Erez mit Rap-Star Missy Elliott an!