Als Mo Ostin James Taylor verlor – und Paul Simon gewann
Eine große Persönlichkeit aus der Revolver-Ära des US-Musikbiz ist tot. Seine erbitterten Kämpfe gegen die damalige CBS der 1970er werden heute an langen Kaminabenden kolportiert.
Am letzten Sonntag (31. Juli) verstarb mit Mo Ostin im hohen Alter von 95 Jahren einer der legendärsten Manager der Musikindustrie.
„A wonderful man and great leader“ heißt es über ihn im legendären Vademecum über den Sound der amerikanischen Westcoast „Waiting for the Sun“ des britischen Pop-Autors Barney Hoskins.
In der nicht minder legendären Skandalchronik des US-Musikbiz, „Hitmen“ von Fredric Dannen, heißt es wiederum: „Obwohl er auf den ersten Blick zurückhaltend wirkte, schreckte Ostin als Chairman von Warner Brothers ebenso wenig vor kriegerischen Auseinandersetzungen zurück wie sein erbitterter Gegner Walter Yetnikoff von CBS Records“ (heute Sony Music, Anm. der Redaktion).
„Sein Gesicht erinnerte an ein Nagetier“
Mo Ostin wird in der Literatur als „klein und schmächtig“ beschrieben. In der Ära der wilden Mähnen hatte er wiederum eine Glatze und trug Brille. „sein Gesicht erinnerte an ein Nagetier“, so Fredric Dannen. Ostin war ein Proto-Nerd unter den Alpha-Männern der damaligen Musikbranche, die auch gerne mal schattige Deals mit der Mafia machte.
Bei einer Branchentagung in Florida 1976 hatte CBS-Boss Yetnikoff erfahren, dass der Vertrag von Songwriter und Superstar James Taylor bei Warner auslaufen würde. Taylors Alben bei Warner, etwa „Sweet Baby James“ oder „Gorilla“, erlangten Platin-Status. In einer Zeit, als millionenfach verkaufte Vinylscheiben noch DIE Standardwährung des Musikgeschäfts waren.
„Eine Garantie von einer Millionen Dollar pro Album plus 2,5 Millionen Dollar Vorschuss war nach den Maßstäben von 1976 gepfeffert, selbst für einen Hit-Act. Aber es herrschte Krieg!“
Als James Taylor den Deal nach längerem Hin und Her schließlich bei CBS unterschrieben hatte, um Mo Ostin und seinem Stammlabel Warner den Rücken gekehrt hatte, schlug Ostin mit List und Tücke zurück.
Ostin war über alles informiert
Als der Vertrag zwischen CBS-Star-Künstler Paul Simon zur Verlängerung anstand, funkte Ostin dazwischen. Er kannte die Zwistigkeiten, die es zwischen dem Grammy-Gewinner Simon und dem cholerischen CBS-Zampano gab.
Mit Hilfe des mit allen Wassern gewaschenen Branchen-Anwalts Mike Tannen erzielte er eine grundsätzliche Einigung, das Paul Simon künftig unter dem Warner-Logo firmieren sollte. Der Beginn wiederum eines erbitterten Rechtsstreits um ein nicht geliefertes Album an CBS, der Paul Simon jahrelang aushebeln sollte. Ein „schrecklicher persönlicher Kampf“, so Simon, der ihn in eine schwere Schreibblockade stieß.
Erst Jahre später sollte sich Mo Ostins Fischzug in CBS-Gewässern auszahlen.
Paul Simon lief 1986 zu alter Frische auf und veröffentliche mit „Graceland“ einen weltweiten Megaerfolg. Ostins ruhiger Business-Stil hatte sich einmal mehr auch pekuniär für seine langjährige Heimatfirma ausgezahlt.