Kritik: „The Midwich Cuckoos“ – ein faules Serien-Ei
Mit Keeley Hawes, Max Beesley und Ukweli Roacch.
John Wyndhams Roman „Kuckuckskinder“ erzählt die Geschichte einer außerirdischen Rasse, die den Frauen eines kleinen beschaulichen britischen Dorfes „Kuckucksbabys“ einpflanzt. Vor dem Hintergrund der in den USA wieder entflammten Debatte um reproduktive Selbstbestimmung erhält der Roman eine neue Aktualität. Deshalb stellt sich die berechtigte Frage, wie stark ein nun 65 Jahre alter Stoff den gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden darf oder gar muss. Eine Frage, die zu heftigen Debatten unter selbst ernannten Science Fiction-Purist*innen und Kritiker*innen führt, die als „Woke“-Aktivisten diffamiert werden.
Wyndhams Erzählungen sind geschätzt, auch unter Kolleg*innen, drei seiner Romane – „Die Triffids“, „Wem gehört die Erde?“ und eben „Kuckuckskinder“ – haben prominente Fans: Margaret Atwood, Alex Garland und David Mitchell. Wolf Rilla verfilmte „The Midwich Cuckoos“, wie „Kuckuckskinder“ im Original heißt, 1960 als „Village of the Damned“, genau wie John Carpenter 1995. In seinen besten Geschichten vereinte der 1969 verstorbene Wyndham die Traumata der Post-Weltkriegs-Ära und die Paranoia des Kalten Krieges zu einem intimen Blick auf apokalyptische Bedrohungen, die den Alltag der Protagonist*innen allmählich von innen heraus zersetzten.
Ein Ort wird schwanger
In „The Midwich Cuckoos“ kündigt sich diese Bedrohung sanft an: Für einige Stunden verfallen sämtliche Bewohner des beschaulichen Midwich in plötzlichen Dornröschenschlaf. Jeder Person, die den Ort betritt, widerfährt Gleiches; Polizei und Militär sind machtlos. Zurück zur Normalität heißt es nach dem plötzlichen Erwachen dennoch nicht. Wenige Wochen nach dem unerklärlichen Ereignis zeigen sich sämtliche Frauen des Ortes schwanger – selbst jene, die seit Jahrzehnten keinen Sex hatten. Manche Frauen wollen die unerklärlich zustande gekommen Kinder nicht in sich tragen und planen den Schwangerschaftsabbruch. Doch der Eingriff kommt nicht zustande, die Frauen verlassen nach plötzlichem Sinneswandel die Klinik. Nicht die einzige Seltsamkeit, denn die später geborenen Kinder wachsen abnormal schnell heran, scheinen untereinander telepathisch verbunden zu sein – und können andere Menschen per Gedankenkontrolle steuern.
Verschenktes Potential und leblose Adaption
Eine eigentlich verheißungsvolle Ausgangssituation, die in „The Midwich Cuckoos“ nicht griffig umgesetzt wird. Während Puristen die Serienadaption als zu modern bewerten und den Fokus auf weibliche Perspektiven als zu großen und beinahe unverzeihlichen Schritt weg von der Vorlage sehen, geht progressiver eingestellten Zuschauern die Neuinterpretation nicht weit genug. Statt Sci-Fi-Mär mit sanftem Horror-Einschlag hätten sie gerne einen noch offensichtlicheren Bezug zu gegenwärtig brisanten Themen gesehen. Was jedoch stärker ins Gewicht fällt sind schnöde handwerkliche und erzählerische Mängel: Fehlende Tiefe der Figuren und Vorhersehbarkeiten. Echte Spannung entsteht zu keiner Zeit.
Die Frage, wieso der Stoff, der als Film wahrscheinlich sehr viel pointierter und besser hätte erzählt werden können, als Serie umgesetzt wurde, ist eher rhetorischer Natur. Schließlich befindet sich derzeit beinahe jeder nur halbwegs brauchbare Stoff auf dem Weg zur Serienfassung – egal ob für das Format passend, oder nicht. Im vorliegenden Fall zeigt sich wieder einmal der Wahrheitsgehalt des alten Sprichworts: „Breitgetretener Quark wird dünn und nicht hart.“
Ab 16.06. immer donnerstags bei Sky/WoW