Willander schaut „Wetten, dass ..?“– es muss weitergehen!
ABBA und Helene, Udo und Frank Elstner: Die Jubliäumsshow von „Wetten, dass..?“ im ZDF
Eurovionsfanfare. Der Jubelsturm will nicht enden, als das Publikum begriffen hat, dass es wahr ist: Thomas Gottschalk steht wirklich wieder da vorn in einem Ornat, das Märchenprinz oder Operettenkönig evoziert. Guten Abend den Zuschauern in Deutschland, Österreich und der Schweiz! Heimspiel in Nürnberg. Die Franken aus dem Häuschen. Gottschalk verlängert seinen Grundsatzaufsatz aus dem „Spiegel“: Natürlich werde er gendern – „Der, die, Wetten, dass?“ Er sei jetzt in einem Alter, da er Shitstürme ertragen könne. Und er werde sich Zeit lassen! Die Wurschtigkeit, das sagt er jetzt nicht, aber in seiner Selbsterklärung, habe er zu seinem Konzept gemacht. Denn es gehe ja um nichts.
Dann betritt die strahlende Michaelle Hunziker den Saal: „Hallo Deutschland, hallo Österreich, hallo Schwyz!“ Und die Italiener vergisst sie nicht. Die loyale Schweizerin erinnert sich – anders als Gottschalk – noch an ihre erste Wette in der Sendung; damals war sie mit ihrem Ehemann Eros Ramazotti zu Gast. Gottschalk ist es wurscht.
Auftritt Helene Fischer: Die schwangere Unterhaltungskünstlerin singt einen Song von ihrem Album „Rausch“ und setzt sich dann auf das Sofa, auf dem nun drei Blondinen drapiert sind, Gottschalk in der Mitte. Unbeholfen nähert sich Gottschalk dem anderen Umstand, von dem schon jeder weiß und der gut sichtbar ist. Uncharmant fragt er danach, wie Fischer nach der Entbindung wohl ihren früheren Körper zurückgewinnen wolle. Michelle Hunziker sagt dann: „Man sieht das Leuchten in ihren Augen.“ Helene Fischer ist erleichtert, das ist ihr Terrain.
Die erste Wette: Ein kleiner, sehr aufgeregter Hund macht Mülltrennung. Frauchen leitet an. Nur einmal irrt sich der wetzende Wettkandidat bei der Mülltonne.
Nun vollzieht sich ein Weltereignis: Benny Andersson und Björn Ulvaeus steigen die Showtreppe hinab. Man liest jetzt immer, dass die beiden, Achtung: alten Schweden wie Vorstandsvorsitzende oder Elder Statesmen auftreten. Und beides sind sie ja. Ulvaeus im schwarzen Anzug in Sportschuhen, Andersson in einer Art schwarzem Bratenrock. Gestern ist ihre Platte „Voyage“ erschienen. Man sieht Aufnahmen aus dem Studio, in denen Agnetha Fältskog und Anni-Frid Lyngstad mit ihnen an den Songs arbeiten. Paar alte Bilder von ABBA. Die Arena in London, in der die ABBA-Klone auftreten werden. Björn Ulvaeus wiederholt fasziniert das Wort „unternehmungslustig“, das Gottschalk auf die früheren ABBA münzt. „Helene battelt sich ja mit Ed Sheeran um Platz eins in den Charts“, sagt Gottschalk zum zweiten Mal an diesem Abend. Ulvaeus sagt, gestern war „Voyage“ in 52 Ländern auf dem ersten Platz. Aber wer wisse schon, wie es heute sei.
Ein Mann namens Leon wirft Darts auf eine nicht vorhandene Landkarte, um Australien, Kolumbien und Kasachstan zu treffen. Andersson und Ulvaeus schauen geduldig zu. Beim Abgleich guckt Gottschalk auf die Umrisse von Europa und fragt: „Was ist denn das hier?“ Es ist Deutschland. Leon hat jedenfalls zweimal das Ziel verfehlt und ist traurig, weil er doch den Jingle für die gewonnene Wette hören wollte. Er wird später Wettkönig.
So haben Andersson und Ulvaeus ihre Wette verloren und müssen nun, Potzblitz, ein Lied spielen. „Wir haben kein Mädchen“, sagt Ulvaeus. Na, aber wir haben ja Europas erfolgreichste Sängerin hier, sagt Gottschalk. Am Flügel intoniert Andersson das Vorspiel von „SOS“. Fischer, mit der rechten Hand am Flügel wie einst bei „Merci Cherie“ für den neben ihr stehenden Udo Jürgens, macht die verhängnisvolle Bemerkung, das Publikum könnte ja mitsingen, der Songtext stehe an der Tafel. Das Publikum fällt bei dem Wort „SOS“ ein und klatscht dann entschlossen mit. Und jetzt vergisst Helene Fischer den Text oder gerät aus dem Takt. Andersson spielt eine Girlande. Es hätte so schön sein können.
Andersson und Ulvaeus verabschieden sich höflich, sie müssen wirklich zum Flieger. Grüße von Agnetha und Frida, sie lieben euch!
Jetzt, nach anderthalb Stunden, könnte die Show vorbei sein. Aber nun kommen Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt, die Nachgeborenen. Sie waren schon bei Gottschalks Geburtstagsshow und spotten mild, dass der Jubilar damals enttäuscht war und sie nicht auseinanderhalten könne. Gottschalk widerspricht. Wahrscheinlich war es ihm wurscht. Heufer-Umlauf sagt, wie unglaublich es sei, hier zu sitzen, wenn Thomas Gottschalk noch einmal die Treppe hinunterkommt und Deutschland, Österreich und die Schweiz begrüßt. Und er spricht die schönste Würdigung des Abends: „Man kann sich auch beim Reden überlegen, was man sagt. Wir tun gut daran, davon zu lernen.“ Gottschalk sagt: „Ihr macht das prima.“
Die sogenannte Außenwette findet auf dem Sportplatz eines österreichischen Dorfes statt, wo eine Feuerwehrkohorte ein Go-Kart mit Wasserdruck aus Schläuchen ums Rund befördert. Giovanni Zarrelli, der Lieblingsitaliener der Deutschen, moderiert das Geschehen. Er hat demnächst eine Show im ZDF. Das Gefährt ist tatsächlich schneller als eine Staffel aus vier österreichischen Läuferinnen. Die Feuerwehrleute freuen sich.
„Für das Internationale müssen wir nicht mehr ins Ausland schauen“, sagt Gottschalk. Die nächste Künstlerin sei in Amerika gefragt, auf der Höhe von Beyoncé und Rihanna. Zoe Wees singt „Girls Like Us“. Anschließend bemerkt Gottschalk, dass sie aus Hamburg komme, obwohl sie Englisch spreche. „Also bist du ein Hamburger“, sagt er. „I don’t know“, sagt Zoe Wees. Und das war es dann.
Udo Lindenberg singt „Kompass“. Er findet, dass „Wetten, dass..?“ weitergehen soll. Aber jetzt muss er nach Berlin.
Für eine neue ZDF-Serie über den Friedrichstadtpalast erscheinen Svenja Jung und Heino Ferch. Jung spielt darin Zwillinge, Heino Ferch spielt deren Vater. Gottschalk kennt den Regisseur Uli Edel, der in der ersten Reihe sitzt. Heino Ferch lobt Edel als großen Regisseur und Herzensmenschen. Ferch ist erkältet, seine Stimme ist tief und brüchig. Svenja Jung erklärt, wie sie die Zwillinge gespielt hat.
Bis zur nächsten Wette hat Gottschalk ihren Namen vergessen. Svenja ruft ihn vom Sofa. Zwei aufgedrehte Schwestern erkennen Lieder anhand des Wischens einer Bürste in einer Kloschüssel. Gottschalk sagt vor einem Song, er kenne den Sänger. Es ist Ed Sheeran. Die Aufgabe ist verbrannt. Das leise Wischen mit dem einen Stampfen ist „Frozen“ von Madonna. Die Schwestern reüssieren.
Der Frisbee? Das Frisbee? Elstner hat nachgesehen: Frisbee ist Neutrum
Eine Wette ist noch übrig – und die soll der Mann präsentieren, der „Wetten, dass ..?“ vor 40 Jahren erfunden hat, als ABBA ihre vorletzte Platte herausbrachten, und der sieben Jahre der Moderator der Show war. Frank Elstner betritt den Saal. Er findet, dass diese Sendung für eine Wette wie die Klobrillenwette hätte erfunden werden müssen. Nun, er hat sie erfunden. Elstner ist verblüfft darüber, dass ihm eine Karte mit der Aufschrift „Wetten, dass..?“ zugesteckt wurde. Er verliest die Wette: Die Schaufel eines kleinen Baggers schnappt Frisbeescheiben. Der Frisbee? Das Frisbee? Elstner hat nachgesehen: Frisbee ist Neutrum.
Der korpulente Baggerfahrer und die junge Frisbeewerferin stellen sich vor. Elstner fragt die Frau, welchen Artikel sie verwendet:
„Der Frisbee? Das Frisbee?“
„Die Frisbee.“
Elstner fragt den Baggerfahrer, ob der Bagger über die Strasse fahren könne. „Der kann über die Straße fahren“, sagt der Baggerfahrer. Elstner will es genau wissen. „Wie schnell?“, fragt er. „Bis zu 25 Stundenkilometer.“ Top, die Wette gilt! Der Bagger fängt eine Frisbeescheibe zu wenig.
Frank Elstner drängt Gottschalk dazu, mit dem Programmdirektor des ZDF darüber zu sprechen, einmal im Jahr „Wetten, dass..?“ zu veranstalten. Der Programmdirektor sitzt in der ersten Reihe. Gottschalk weicht aus. Er hat beschlossen, dass dies seine letzte Sendung ist.
In Hof hat er seine Karriere begonnen. In Nürnberg beendet er sie.
Aber wurscht. Man kann sich auch beim Reden überlegen, was man sagen will.