Cary Fukunaga über Sexismus zu Connerys-James-Bond-Zeiten: „wie Vergewaltigung“
In einem Interview sprach der Regisseur des aktuellen Bond-Films über seine Verantwortung – und erinnerte sich an Momente in der Bond-Geschichte, die heutzutage zum Glück nicht mehr möglich wären.
Spätestens seit der #metoo-Debatte müssen Rollenbilder auch auf der Kino-Leinwand neu verhandelt werden. Gerade Produktionen ohne starke weibliche Rollen oder solche, die veraltete Geschlechter-Stereotype replizieren, standen zuletzt vermehrt in der Kritik.
Auch das James-Bond-Universum bietet in dieser Debatte eine Menge Gesprächsstoff. Ein weißer männlicher Superagent, der seine – meist ebenfalls männlichen – Feinde quasi im Alleingang besiegt und dabei stets ein häufig nur leicht bekleidetes „Bond-Girl“ an seiner Seite hat – einige Elemente der Reihe wirken aus Sicht vieler Kritiker*innen veraltet und nicht mehr zeitgemäß.
Auch der Regisseur des neusten Bond-Films „Keine Zeit zum Sterben“, Cary Fukunaga, blickt auf ein teilweise problematisches Erbe der letzten Jahrzehnte. In einem Interview sprach er darüber, was es bedeutet, einen Bond-Film in Zeiten der #metoo-Debatte zu produzieren. Dabei erinnert er sich auch an Momente aus vergangenen Filmen, die aus heutiger Sicht undenkbar wären.
Vergewaltigungsszenen in alten Bond-Filmen?
„Ist es ‘Thunderball‘ oder ‘Goldfinger‘, wo im Grunde Sean Connerys Charakter eine Frau vergewaltigt?“ bemerkte Fukunaga gegenüber „The Hollywood Reporter“. „Sie sagt: ‚Nein, nein, nein‘, und er sagt: ‚Ja, ja, ja‘. Das würde heute nicht mehr gehen.“
Aus seiner Sicht sind es Szenen wie diese, die eine Neuausrichtung der Bond-Reihe unabdingbar machen. Es war nicht zuletzt auch seine Idee, sich für den neuen Bond-Film mit Phoebe Waller-Bridge weibliche Verstärkung zu holen. Die junge Regisseurin und Schauspielerin zeigte bereits in ihrer Serie „Fleabag“, wie starke weibliche Charaktere heutzutage aussehen können. Für Bond arbeitete sie am Drehbuch mit.
Froh über Waller-Bridges Unterstützung betonte er dennoch, dass auch Barbara Broccoli, die bereits seit vielen Jahren an der Produktion der Bond-Reihe beteiligt ist, sich seit jeher für stärkere weibliche Hauptrollen einsetzt. „Ich denke, das ist die Erwartung: dass eine Frau sehr starke Frauenrollen schreibt. Aber das ist etwas, was Barbara bereits wollte“, so Fukunaga. „Von meinen ersten Gesprächen mit [Broccoli] an war das ein sehr starker Antrieb.“
Bessere Darstellung weiblicher Charaktere
Eine grundlegende Veränderung des Bond-Universums hin zu mehr Gleichberechtigung, so führte er weiter aus, solle weniger am Protagonisten selbst, als an seiner Welt ansetzen. Dabei gehe es vor allem um die angemessenere Darstellung weiblicher Charaktere. „Man kann Bond nicht über Nacht in eine andere Person verwandeln. Aber man kann definitiv die Welt um ihn herum verändern und die Art und Weise, wie er in dieser Welt funktionieren muss. Es ist eine Geschichte über einen weißen Mann als Spion in dieser Welt, aber man muss bereit sein, sich darauf einzulassen und die Arbeit zu machen, um die weiblichen Charaktere zu mehr zu machen als nur zu einem Beiwerk.“
Wie es um die Möglichkeit steht, Bond selbst bald weiblich zu besetzen, machte der aktuelle Hauptdarsteller Daniel Craig kürzlich deutlich. Auf die Frage nach einer diverseren Besetzung der Rolle entgegnete dieser: „Die Antwort darauf ist sehr einfach. Es sollte einfach bessere Rollen für Frauen und PoC-Schauspieler geben. Warum sollte eine Frau James Bond spielen, wenn es eine Rolle geben sollte, die genauso gut ist wie James Bond, aber für eine Frau?“