„Cocksucker Blues“: Warum wurde die Skandal-Doku der Rolling Stones nie gezeigt?
Blowjobs, Drogentaumel, Ekstase auf der Bühne: 1972 drehten die Rolling Stones mit Robert Frank die Tour-Doku „Cocksucker Blues“. Doch die Band selbst verhinderte die Veröffentlichung. Das soll etwas heißen.
1972 war das Jahr, in dem die Rolling Stones die Musikgeschichte prägen sollten: Damals fand die „Rolling Stones American Tour 1972“ statt, auch bekannt als „Stones Touring Party“. Die Konzerttournee führte von Juni bis Juli 1972 durch die USA und Kanada.
Begleitet wurden die Engländer dabei vom Schweizer Fotografen Robert Frank. Es entstand die berühmt-berüchtigte Tour-Dokumentation „Cocksucker Blues“ – die kaum jemand offiziell je zu Gesicht bekommen sollte. Auch 49 Jahre später nicht. Was man darüber weiß, entstammt Erzählungen, kurzen Ausschnitten oder geleakten Sequenzen – allesamt Bootlegs. Aktuell befinden sich Teile davon auf YouTube – regelmäßig werden sie jedoch von der Streaming-Plattform entfernt.
„Cocksucker Blues“: Auf ewig verboten?
Der „Cocksucker Blues“ erschien (nicht) im April 1972 und ist im April 2021 nun 49 Jahre alt geworden.
Diverse Drogen-, Sex- und Skandal-Szenen sind es, die aus dem Tourfilm eine Legende machen, von der man sich nur erzählen kann. Sehen wird man sie vermutlich nie mehr: „Sollte irgendjemand in Amerika jemals diesen Film zu sehen bekommen, dürfen wir wahrscheinlich nie mehr das Land betreten“, sagte Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards einst über die Doku.
Bis 2019 durfte der „Cocksucker Blues“ per Gerichtsbeschluss nur gezeigt werden, wenn Regisseur Robert Frank selbst anwesend war. Frank starb jedoch 2019 im Alter von 94 Jahren. Der Film leakte zuvor am 19. August 2009 ins Netz, verschwand kurz danach aber wieder. Wir beschreiben, warum der Film verboten ist.
Blowjobs, Koks und „Satisfaction“
In Franks Szenen werden die Musiker so ehrlich abgelichtet wie selten zuvor: in einem Taumel zwischen Drogen und Tourstress. Die Dokumentation entlarvt und entromantisiert. Sie zeigt mitunter die schäbige Dekadenz von Leuten, die auf eine Konzertreise gehen.
Spritzen in die Haut, Pulver in die Nase. Mick Jagger, wie er hinter der Bühne Kokain schnupft. Die Musiker auf der Bühne, hinter der Bühne und in intimen Situationen, in denen kaum jemand gefilmt werden möchte. Im Proberaum wurden außerdem Kameras aufgestellt, die die Musiker selbst bedienen durften, wenn sie wollten.
Das ausgelebte Thema des Films ist nun mal: Sex, Drogen und Rock’n’Roll. Der Filmtitel „Cocksucker Blues“ stammt von einem Lied von Jagger. Frank und seine Kameramänner filmten die Stones in einem Konzert, dessen Höhepunkt ein gemeinsamer Auftritt mit Stevie Wonder bei „Uptight“ und „Satisfaction“ war.
Sequenzen aus dem verbotenen Film:
Die Stones können nicht einfach spazieren gehen
In „Cocksucker Blues“ würde auch gezeigt, wie die Stones auch unter außergewöhnlicher Langeweile auf der Durchreise oder in Hotelzimmern leiden, Promotionpflichten nachgehen, Interviews erdulden. Als die Stars, die sie geworden sind, können sie nicht einfach spazieren oder essen gehen.
Es soll auch Szenen von Geschlechtsverkehr und einem Blowjob im Freien geben, während Mitglieder der Band herumstehen und Schlaginstrumente spielen. Irgendwann soll eine junge Frau ausgezogen, angehoben, herumgeschleudert werden, sie lacht scheinbar, aber wehrt sich auch. Bestätigt ist davon nichts.
Kunst, Ärger und Ekstase: Der Zusammenhang
Der Film möchte wohl den Zusammenhang zwischen Sex, Drogen und Rock and Roll zeigen. Zwischen Kunst und Ärger. Zwischen Ekstase und emotionaler Energie sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Privaten. Es könnte eine Darstellung des Lebens sein, das die Stones in ihren Texten beschreiben.
Freiheit, die doch so frei nicht ist
Heute werden die wilden Zeiten verklärt. Dekadente, geniale Musiker, prunkvolle Villen, abgehalfterte Drogenexzesse, ekstatische Bühnenauftritte, taumelnde Räusche. Die Sommer unbegrenzter Freiheiten – die so frei und unbedenklich doch nicht sind oder nie waren. Sonst gäbe es den „Cocksucker Blues“, abgesehen von ein paar Schnitten, irgendwo zu sehen.