Die besten deutschen Songs: Herbert Grönemeyer – „Bleibt alles anders“
Ein Abgesang auf die Weltverbesserungsversuche, auf die Grönemeyer einst abonniert gewesen war.
Mit seinem zehnten Album, „Bleibt alles anders“ von 1998, führte Herbert Grönemeyer die einige Jahre zuvor eingeläutete Modernisierung seiner Musik fort. Nach dem seinen eigenen Angaben zufolge schwächsten Album, „Luxus“ (1990), waren Grönemeyer und seine Band auf „Chaos“ (1993) über sich selbst nicht hinausgekommen – und änderten die Vorzeichen: „Bleibt alles anders“ entstand größtenteils in London mithilfe von Alex Silva, einem im Bereich Programmierung versierten Produzenten.
Dessen elektronisches Beiwerk verleiht dem Album etwas Ernsthaftes, gehoben Künstlerisches, das damals überraschte. Das Titellied ist ein enigmatisches Kurzepos, ein Rock-Electro-Hybrid, in dem Filterkeyboards wabern, Grillen zirpen und die mit Britpop-Coolness raumgreifend spielende Band sich mit dem Sampler abwechselt. Der Text des ambitionierten Lieds ist metaphernreicher, als man es bis dahin von Grönemeyer gewohnt war: „Es gibt viel zu verlieren, du kannst nur gewinnen/ Genug ist zu wenig – oder es wird so, wie es war/ Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles anders.“
Die neue Innerlichkeit war nicht zuletzt ein Abgesang auf die Weltverbesserungsversuche, auf die Grönemeyer in den Achtzigern und frühen Neunzigern abonniert gewesen war. Im Rückblick hat „Bleibt alles anders“ nicht ganz die Strahlkraft des mehr allgemeingültigen, kultigeren „Mensch“, das 2002 erschien und auf dem sich die riesigen Grönemeyer-Lieder finden, die wie Ansprachen an die Nation oder gleich an die gesamte Menschheit wirken.
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So groß war da Herbert Grönemeyer geworden, dass er so auftreten konnte. Doch „Bleibt alles anders“ ist ein wichtiger Moment der Verpuppung, der die danach veröffentlichte Musik vorbereitete.