Die Mondäne: Zum Tod von Diana Rigg
In den swingenden Sixties prägte sie einen eminent selbstbewussten, dabei selbstironischen Frauentypus. Im hohen Alter glänzte sie mit Raffinesse und Gelassenheit. Nachruf auf eine große Schauspielerin
Das Mondäne war Diana Rigg schon als Kind eingeschrieben: 1938 in Yorkshire geboren, verbrachte sie die ersten acht Lebensjahre in Indien, wo ihr Vater bei einer Eisenbahngesellschaft arbeitete. Nach dem Krieg kehrten sie nach Yorkshire zurück, wo sie ein Internat der Herrnhuter Brüdergemeinde besuchte, und schrieb sich 1955 an der Royal Academy of Dramatic Art ein, die sie zwei Jahre später abschloss. Ihre erste Theaterrolle hatte Rigg 1957 in Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“. In den nächsten Jahren war sie Mitglied der Royal Shakespeare Company. 1959 debütierte sie in Peter Halls Fernsehverfilmung von „Ein Sommernachtstraum“ – zehn Jahre später spielt sie auch in Halls Kinofassung.
Wenn sie nur Emma Peel gespielt hätte, wäre es für ein Schauspielerleben genug gewesen. 1965 nahm sie die Rolle in „The Avengers“ an, die Frau neben dem soignierten Britenklischee Patrick Macnee, und definierte sowohl die swingenden Sixties als auch einen eminent selbstbewussten, dabei selbstironischen Frauentypus. Der Name Emma Peel wurde auch in Deutschland unter dem ingeniösen Titel „Mit Schirm, Charme und Melone“ das Synonym für eine junge Frau, die sich die Butter nicht vom Brot nehmen lässt – Emma Peel war so sehr Diana Rigg, dass der Name der Schauspielerin gar nicht gesagt werden musste. Und der Knautschlederanzug befeuerte die Phantasie von – Generationen.
In dem übel beleumundeten James-Bond-Film „On Her Majesty’s Secret Service“ (1969) von Peter Hunt ist sie die Ehefrau des Geheimagenten, eine Schönheit im Pelzmantel, die am Ende erschossen wird. Die schwülen Wortgeplänkel in der schweizerischen Bergwelt und der Auftritt des Dressman George Lazenby missfielen der Bond-Gemeinde, nachdem Sean Connery die Rolle aufgeben hatte. Dabei ist schon Riggs Rollenname Contessa Teresa Di Vincenzo die reine Poesie, und Ironie und Romantik halten sich die Waage. Der Film markierte präzise den Übergang von den 60er- zu den 70er-Jahren.
Und an dieser Nahtstelle wurde Diana Rigg notorisch: In einer Inszenierung von „Abelard and Heloise“ nackt auf der Bühne (angeblich als erste Schauspielerin in einem britischen Theater), dann wurde eine Sexszene in Arthur Hillers Film „Hospital“ (1971) skandalisiert. 1973 trat Rigg in Douglas Hickox‘ maliziösem Horrorfilm „Theatre of Blood“ neben Vincent Price auf – und auch der schwarze Humor dieses Schockers (missliebige Kritiker werden raffiniert ermordet) blieb unverstanden. Zehn Jahre später spielte sie in „Das Böse unter der Sonne“, einer Hercule-Poirot-Plotte mit Peter Ustinov, eine Nebenrolle.
Raffinesse, Gelassenheit und Weisheit
Fortan spielte Diana Rigg größere Rollen in britischen Fernsehfilmen und kleinere in Kinofilmen, bis ihr 2013 eine zweite Meisterleistung gelang: Als Olenna Tyrell in „Game of Thrones“ glänzte sie mit der Raffinesse, der Gelassenheit und Weisheit einer alten Giftmischerin, die in ihrer Kemenate die Marionetten tanzen lässt. Als das Spiel aus ist, geht sie mit Würde.
Zweimal war Diana Rigg verheiratet – mit einem israelischen Maler und einem schottischen Großgrundbesitzer, lebte in England, Südfrankreich und Australien. Ihre Autobiografie heißt bezeichnend „No Turn Unstoned“. Die Königin verlieh ihr den sehr zutreffenden Titel „Dame Commander“.