Das passierte wirklich, als die Talking Heads sich trennten
Chris Frantz, der Schlagzeuger und Mitbegründer der Talking Heads, erzählt in seinen Memoiren von einem Wutanfall David Byrnes.
1991 lösten sich die Talking Heads nach gerade einmal 16 Jahren und zahlreichen einflussreichen Alben in ihre Bestandteile auf, nachdem es bereits Jahre zuvor immer wieder innerhalb der Band gekracht hatte. Was das angespannte Bandgefüge schließlich wirklich kollabieren ließ, blieb lange Zeit unklar. Nun gibt Schlagzeuger Chris Frantz in seiner Autobiographie „Remain In Love“ (soeben auf Englisch erschienen) Einblick.
In dem Buch dokumentierte Frantz das letzte Treffen der Band und deutete an, wie sehr sich Sänger David Byrne darüber ärgerte, dass die anderen Mitglieder bei der Bekanntgabe ihrer Trennung völlig gelassen blieben. Er soll vor Wut geschrien haben: „Ihr solltet mich alle ein Arschloch nennen.“
David Byrne wollte anscheinend immer sein eigenes Ding machen
Die zornige Reaktion basiert laut Frantz auf einem jahrelangen Vorspiel. Immer wieder hatte Byrne seinen Kollegen gedrängt, die Talking Heads aufzulösen. Im Grunde bereits seit Ende der 70er Jahre, als sich der anspruchsvolle, aber eben auch menschlich nicht ganz einfache Musiker mit Brian Eno zusammentat, um mit ihm gemeinsam ein Album aufzunehmen (heraus kam das schillernde „My Life In The Bush Of Ghosts“, das allerdings erst 1981 erschien).
„Wir hatten das schon einmal gehört“, sagte Frantz dem britischen ‚Guardian‘, wie er die Situation damals wahrnahm. „Also dachten wir: ‚Wenn wir cool bleiben, wird sich das bald legen und wir werden eine weitere Talking-Heads-Platte aufnehmen‘.“
Bekanntlich war dies nicht der Fall. Die Bandmitglieder blieben zwar im losen Kontakt, doch abgesehen von einem Treffen für einen gemeinsamen Auftritt bei der Einführung in die Rock’n’Roll Hall Of Fame im Jahr 2002 blieb es höchstens bei Telefonaten und Mails.
Liebeserklärung an Tina Weymouth
Anders ist es natürlich zwischen Chris Frantz und Talking-Heads-Bassistin Tina Weymouth. Beide sind seit 42 Jahren verheiratet, gründeten gemeinsam die erfolgreiche Band „Tom Tom Club“. Die Memoiren des Schlagzeugers sind auch eine ausführliche Liebeserklärung an seine Frau, deren kaum zu unterschätzenden musikalischen Beitrag für die Talking Heads er besonders herausstellt.
Zugleich berichtet Frantz in dem Buch von Schmähungen gegenüber Weymouth (nicht nur von Männern), die ihr das Leben als Musikerin sehr erschwert hätten.
David Byrnes herausfordernder Charakter (der Sänger lebt wohl mit einer milden Form des Asperger-Syndroms) spielt allerdings auch eine große Rolle in „Remain In Love“. So lässt Frantz keine Zweifel offen, dass es vor allem Byrnes Ego war, das den Zusammenhalt der Gruppe gefährdete.
Trotz zahmer Versuche, die Talking Heads noch einmal zusammenzubekommen – von Byrne zum Teil rigoros abgelehnt – scheint Chris Frantz keineswegs verstimmt über die Situation. Auch Neid auf Byrne, liege ihm fern, wie er dem „Guardian“ deutlich machte.
Keine Eifersucht auf David Byrne
Frantz: „Es stimmt, dass sich sein öffentliches Image verändert hat. Aber Freunde von mir haben mir versichern, dass er sich nicht geändert hat. Ich denke, er hat wahrscheinlich nur beschlossen, dass er mit Honig mehr Bienen anziehen kann.
„Glauben Sie mir“, fügte er in dem Interview hinzu, „wenn Sie David Byrne kennen würden, wären Sie nicht eifersüchtig auf ihn.“