Kritik: „Cats“ – der „Horrorfilm“ des Jahres
Weder eine großartige Trash-Granate mit verquerer Optik, noch eine legitime Verfilmung des Musical-Klassikers. Und auch für einen ausufernden und farbenfrohen Verriss reicht es nicht – denn selbst dafür ist „Cats“ schlicht zu öde.
Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis das große Musical „Cats“ in die Kinos kommt. Der weltweite Mega-Musical-Erfolg aus der Feder von Großmeister Andrew Lloyd Webber ist ja geradezu dafür prädestiniert, dass große Studios sich dieser Sache annehmen um aus dem Mega-Erfolg einen Mega-Mega-Erfolg zu machen. Als Regisseur für das Katzen-Spektakel wählte man Tom Hooper, schließlich hatte der sich mit „Les Misérables“ schon erfolgreich im Musical-Genre verewigt. Doch, so viel darf vorab gesagt sein, war das wohl die falsche Wahl.
Schon der Start ging für „Cats“ gehörig nach hinten los. Als der erste Trailer erschien, gab es angesichts des, sagen wir mal gewöhnungsbedürftigen Art-Designs, mächtig Gespött im Netz. Eine mittelschwere Digitalkatastrophe bahnte sich an, denn die humanoiden Katzen-Wesen, denen relativ lieblos die Gesichter ihrer Stars aufgesetzt wurden, muteten mehr nach Horrorfilm statt nach spaßigem Musical an. Allerdings ist das, überraschender Weise, nicht einmal die größte Schwäche des Films. In den Choreographien wirkt die plastische Digitalität der Figuren und ihre fehlende physische Präsenz zwar das ein oder andere mal verstörend, ansonsten guckt sich die Ästhetik aber im Laufe des Films weg. Man gewöhnt sich schlicht daran.
„Cats“: leer und lieblos
Vielmehr krankt „Cats“ an der durch und durch biederen Inszenierung Tom Hoopers. Der Engländer steht seit „The King’s Speech“ für solide Hollywood-Dramen. Zynischer formuliert: Hooper liefert Paradebeispiele für klassisches Oscar-Baiting. Das mag bei „The King’s Speech“ und „Les Misérables“ aufgrund ihrer konservativen Stoffe durchaus gefällig sein und zuweilen auch notwendig. Das flippige, bunte und surreale „Cats“ dagegen verlangt nach ganz anderen Mitteln. Opulenz, Glamour und die Liebe zum Over-the-Top Moment fehlt hier an allen Ecken und Enden. Gleich zu Beginn werden wir in die entrückte Welt der wilden Straßenkatzen geworfen, die in Teilen an den Gothik-Look Tim Burtons erinnert. Doch während Burton seine Ästhetik der Außenseiter mit Wärme und Verständnis inszeniert und das Absurde greifbar macht, bleibt die Welt in „Cats“ leer und lieblos.
Am schlimmsten trifft es allerdings die größte Disziplin des Films: die Musical-Songs. Wer jemals eines der großen Hollywood-Musicals wie „Westside Story“, „Singing in the Rain“ oder auch Baz Luhrmanns „Moulin Rouge“ gesehen hat, denen wird diese Inszenierung nur ein müdes Gähnen abgewinnen. Tempo, Spektakel und Schaueffekte gehören eher zur Seltenheit in den 110 Minuten Spielzeit. Einzig Ian McKellen als „Gus, der Theaterkater“ erweckt so etwas wie ernsthaftes Interesse an seiner Figur. Sauer stößt dagegen auf, mit welcher Konsequenz Hooper sämtliche (Homo-)Erotik der Vorlage wegbügelt. Hier äußert sich hollywoodsche „play it safe“-Mentalität, die sich noch immer nur mit größter Vorsicht an solch „gewagten“ Bilder trauen. Stattdessen gibt es dann Taylor Swift mit ihrem Versuch einer Burlesque-Nummer.
Hoopers Version von „Cats“ ist damit also weder die großartige Trash-Granate mit verquerer Optik, noch ist es eine legitime Verfilmung des Musical-Klassikers. Und auch für einen ausufernden und farbenfrohen Verriss reicht es nicht – denn selbst dafür ist Cats schlicht zu langweilig.