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Eric Pfeils Pop-TagebuchKolumne

Eric Pfeils Pop-Tagebuch: Mark Kozelek, I love you

Über den Versuch, einen Text darüber zu schreiben, einen Song zu schreiben, wie Mark Kozelek ihn schreiben würde

Folge 183

Eigentlich wollte ich diesmal ja einen Text über Mark Kozelek schreiben, aber ich ­habe mich verzettelt. Wie im Rahmen von etwa 4000 Zeichen über jemanden schreiben, dessen Werk vom Mäandern, von ­Abschweifung, von Knausgårderei und – ja, eben: von Verzettelung geprägt ist?

Da ­wäre man ja fast Journalist, wenn das ­gelänge! Aber ich höre ihn so gern, so ­besessen und so ausnahmslos, dass es schwerfällt, es zu lassen. Es liegen ja auch sonst nicht viele drängende ­Themen her­um: Wenn es draußen warm wird, wird die Popmusik öder. Zumindest die Popmusik ­jenseits zurückgekehrter Helden wie Bill Callahan und der Silver Jews. Möglich, dass ich auch nur aufgrund der langen künstle­rischen Abwesenheit der beiden ­genannten Herren spät berufener Kozelek-Fan ­geworden bin.

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Ich könnte etwas über das ­langweilige Built-To-Spill-Konzert schrei­ben, auf dem ich mir vor ­anderthalb Monaten einen anhaltenden Rückenschmerz herangezüchtet habe. Doug Martsch sah, als er mit seiner Gitarre auf die Bühne kam, aus wie ein Erdkundelehrer, bei dem man es tunlichst vermeiden sollte, seine Hausaufgaben zu vergessen. Als er nach anderthalb Stunden wieder ging, sah er immer noch so aus.

Was dazwischen ­geschah – na ja… Ich war ein Gästelisten-Plus‑1, und der Inhaber des Hauptgäste­listenplatzes war schon nach dem vierten Song gegangen. Mehr lässt sich über das Konzert nicht sagen, außer dass die Vorband, Slam Dunk, ganz toll war, allein schon weil die Musiker wirkten, als hätte man die Dorftrottel-Abordnung ihres ­Heimatdorfs auf alkoholbefeuerte Europareise geschickt. So jung wird man auch nicht mehr werden.

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Wenn mir kein Kolumnentext einfallen will, mache ich Musik. Irgendwann, wenn ich mal ganz viel Zeit habe, werde ich einen Song namens „Mark Kozelek ­Appreciation Blues“ komponieren. Der Song wird alles haben, was einen Kozelek-Song seit etwa 2013 ausmacht: Zu einem träge kreisenden Gitarren-Pattern werde ich dort etwa 16 Minuten lang mit ent­rückter Stimme von Schlafproblemen, Garten­arbeit, Spaziergängen durch mein Viertel und diversen Arztbesuchen be­richten. Nach etwa viereinhalb Minuten wird Gitarren-­Pattern Nummer 1 von ­Gitarren-Pattern Nummer 2 abgewechselt werden. Der Text geht jetzt über zu ­Beschreibungen meines tristen Tournee-­Alltags, bevor ich mich den Themen­feldern Midlife-­Crisis im Allgemeinen und ­Erektionsstörungen und Gewichtspro­bleme im Speziellen widme (Wechsel ­zurück zu Gitarren-Pattern Nummer 1).

Mark Kozelek – „My Love For You Is Undying“:

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Nach etwa zehn Minuten folgen einige ­Restaurant-, Literatur- und Musik-Empfehlungen, bevor ich nach der Lobpreisung einiger Boxsport-­Helden und der Belei­digung irgendwelcher Indie-Größen eine Coda einleite, in der ich zwei Minuten lang immer wieder zunehmend auf­gewühlt den Satz „Mark Kozelek, I love you“ intoniere. Aber heute will auch hier nichts gelingen.

Ich gehe zum Briefkasten, in der ­Hoffnung, irgendetwas Anregendes darin zu finden. Aber darin liegt nur ein ­Schreiben der GEMA. Früher riss ich diese Umschläge immer sofort gierig auf, weil ich mit enormen unerwarteten ­Beträgen rechnete. Inzwischen bekomme ich nicht mal mehr die üblichen Verkündigungen von 12‑Euro-47-Ausschüt­tungen, sondern nur Einladungen zu ­„Mitgliederversammlungen“. Vielleicht sollte ich mal hin­gehen: Kann man sicher gut drüber schreiben.

Es wird schwerer und schwerer, von Musik zu leben. Das hört man auch bei Mark Kozelek raus. Unterdessen ­können sich in Großbritannien verdiente Indie-Helden ihre ärztliche Behandlung nicht mehr leisten, zuletzt Pat Fish von The Jazz Butcher, zu dessen Unterstützung der Fonds „Pat Fish has been unwell“ ­eingerichtet wurde.

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Mein Kozelek-Lieblingssong von vielen Kozelek-Lieblingssongs ist „Day In Ame­rica“, in dem er in über 15 Minuten vom Parkland-Schulmassaker über die Verwechslung des Jazz-Pianisten Bill Evans mit der Fastfood-Kette Bob Evans, blutigen Jugend­erinnerungen und Selbstjustiz-­Fantasien zu einem Vergleich von Studiomikrofon- und Waffentechnik kommt. Mark Kozelek, I love you! Mark Kozelek, I love you! Mark Kozelek, I …

Sun Kill Moon – „Day In America“:

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