Die Ärzte live: „Es wäre Altmännerhumor – wenn wir diese Witze nicht schon seit 40 Jahren machen würden“

La Ola statt Altenheim: Die Ärzte müssen zwar akzeptieren, dass sie älter geworden sind – das muss aber nicht bedeuten, dass Vergreisung nicht auch herrlich Spaß machen kann.

So Einiges möchte an diesem Abend verdrängt werden: Die Tatsache, dass man BelaFarinRod und ihren dreistündigen Nonsense-Marathon seit den Ärztivals im Jahr 2013 nicht mehr erleben durfte. Dass sie ihren Fans gerade Angst mit einem möglichen bevorstehenden Abschied machten und ihnen damit letztlich vielleicht auch das eigene Erwachsenwerden nahe legen. Und auch diese Sache mit der zu befürchtenden Vergreisung fliegt im Mini-Konzertsaal im slowenischen Ljubljana herum, als die Ärzte sich zum herrlich schief trompeteten „Also sprach Zarathustra“ auf die Bühne bewegen. Gleich zwei gute Ratschläge zu Beginn: Heute bitte, bitte kein Crowdsurfen und wer Belas Anblick nicht erträgt: „Dafür gibt es Augenlider!“

„Rückkehr“ und Punk-Momente von „5, 6, 7, 8 Bullenstaat“

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„Rückkehr“: Die Ärzte feiern sich mit neuem Song vor allem selbst
Für die mehrheitlich natürlich deutschen Fans liefern Die Ärzte gleich zu Beginn ein paar Liebhaber-Punk-Perlen, die es lange nicht zu hören gab: Insbesondere das bereits beim Konzert in Zagreb angestoßene musikalische Auseinanderpflücken von „Punkbabies“ schlüsselt die Komplexität von “Ficken, ficken, ficken – gegen das System“ auf. Bei dieser Analyse kann so mancher noch was über Musik lernen:

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Unsinn, Verspieler und La-Ola-Mitmach-Spaß

Wie immer gilt aber bei Die Ärzte: Perfektion ist was für Anfänger. Nicht anders verhält sich das mit dem Niveau, wenn Intros zum Spaß am Schwachsinn auf einem Bein gespielt werden, das Machtverhältnis zwischen Hintertieren und Menschen mit Hintertüren geklärt wird und man sich eingestehen muss: „Es wäre Altherrenhumor, wenn wir diese Witze nicht schon seit 40 Jahren machen würden.“ Heute haben Songs wie „Omaboy“ eine neue Qualität erreicht – Bela, selbst schon 56, kann welkenden Schenkeln, die sich in Stützstrumpfhosen pressen, offenbar inzwischen noch mehr abgewinnen als im Jahr 1993.

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#StracheGate

Dass rechte Gesinnung das Letzte ist und insbesondere der absurde #StracheGate die Band momentan beschäftigt, muss auf einem Ärzte-Konzert natürlich Erwähnung finden. „Ich widme das folgende Lied der desolaten Regierung Österreichs.“ Bevor „Ist das alles“ anklingt, antwortet das Publikum lauthals mit einer Runde „Alerta, Alerta, Antifascista. Und zur Zugabe? Da folgen nützliche Updates von Bela in der Ibiza-Affäre: „Jetzt wurde Strache auch noch von seiner Frau verlassen!“

„Danke fürs beim Altern zusehen“

Am Ende des Abends weicht zumindest die Sorge ums Erwachsenwerden: Wenn Die Ärzte mit 50+ zeigen können, dass Alter eben doch nur eine Zahl und keine Lebenseinstellung ist, kann eigentlich alles so bleiben, wie es ist. Nur beim Wortschatz kann man ja vielleicht kleine Anpassungen vornehmen – Kopulieren klingt doch auch viel schöner als ficken.

Die Ärzte am 21. Mai live in Ljubljana, Slowenien – die Setlist:

Portsmouth Sinfonia – Also sprach Zarathustra
Rückkehr
Bravopunks
Wie es geht
Lied vom Scheitern
Wir sind die Besten
2000 Mädchen
Ignorama
Ein Mann
Punkbabies (mit Song-Analyse)
B.S.L.
Perfekt
Lady (angespielt)
1/2 Lovesong
Sohn der Leere
Anti-Zombie
Tittenmaus (auf Wunsch des Publikums; Farin am Schlagzeug)
Der Graf
Himmelblau
Deine Schuld
Außerirdische
Fiasko
Angeber
Omaboy
Dein Vampyr
Klaus, Peter, Willi und Petra
Abschied (mit vorherigen Schlagersongs)
Heulerei
Revolution ’94 / Kopfüber in die Hölle
Schunder-Song
Ist das alles?

Zugabe 1:
Blumen
Westerland
Zu spät

Zugabe 2:
Schrei nach Liebe
Unrockbar
Junge

Zugabe 3:
Rettet die Wale
Dauerwelle vs. Minipli

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